Eine Kritik schreiben – Beispiel / Gliederung / Aufbau

Die Meinungsäußerung zu Themen der Kunst, Literatur, Wissenschaft und dem Schauspiel nennt man Kritik. Hier wird der Gegenstand der Kritik meist unter Bezug auf den aktuellen Kontext betrachtet. Vor allem die Kultur-/Kunstkritik tritt häufig in Form von feuilletonistischen Artikeln, Kommentaren oder Glossen auf, kann aber auch in Diskussionen und Stellungnahmen einfließen.

Was genau ist eigentlich eine Kritik?

Bei einer Kritik handelt es sich in der Regel um eine stilistisch recht freie Meinungsäußerung zu Kunstgegenständen wie Literatur, Theaterstücken oder Kunstwerken, bei der aktuelle Bezüge eingebracht werden. Sie tritt häufig in Form feuilletonistischer Artikel, Kommentare oder Glossen auf, kann aber auch in Diskussionen und Stellungnahmen einfließen.

Das traditionelle Pendant zur Kritik ist die Rezension.

Beispiel für eine Kritik

( http://filmrezension.de/filme/die_voegel.html, Januar 2000)

Die Vögel

Einleitung mit Nennung aller wichtigen Grunddaten (Regisseur; Art des Films, hier „Suspense“; zeitliche Einordnung und Thematik):
Hitchcocks „Die Vögel“ aus seinem Spätwerk gehört sicher zu den bekanntesten Filmen des Suspense-Meisters. Zeitlich einzuordnen ist er zwischen einem anderen Hitchcock-Klassiker, „Psycho“ (1960), und „Marnie“ (1964). Beide Filme handeln von sexueller Verdrängung bzw. von der Norm abweichendem Verhalten und damit verbundenem Wahnsinn.

Meinung des Autors als Abschluss der Einleitung:

Das läßt mißtrauisch werden, ob es nicht auch unter der Oberfläche des dritten Films brodelt.

Grobes Umreißen des Filminhalts mit erstem Hinweis auf mitwirkende Darsteller:
Auf den ersten Blick handelt der Film vom unerwarteten Angriff der Vögel auf die Menschen: Sie attackieren in Schwärmen die Einwohner von Bodega Bay in der Nähe von San Francisco, und sie töten auch einige ihrer Opfer. Es ist der Überraschungsangriff eines zahlenmäßig überlegenen Feindes aus der Luft. Das erste Opfer einer vereinzelten Möwe wird Melanie Daniels (Tippi Hedren, brilliert in einer ihrer ersten Rollen).
Nach einer weiteren Beschreibung der Begleitumstände, die zu diesem Ereignis führten, geht der Autor erstmals auf die stilistische Gestaltung ein. Hierfür benötigt er natürlich entsprechendes Fachwissen.

[…] Der Film überzeugt durch einen durchdachten Spannungsbogen: einer langen, ruhigen Exposition mit mehreren Verweisen auf die unruhigen Vögel folgen Schlag auf Schlag die gewaltigen, lauten Attacken.
Dieser Ausführung folgend werden Hauptteil und Schluss in wenigen Zeilen erläutert. Langsam arbeitet sich der Verfasser zur inhaltlichen und gestalterischen Analyse voran. Hier fließen bereits erste Wertungen ein:

[…] Die teilweise recht langen Angriffsszenen vermögen auch heute noch zu schockieren. Hitchcock fühlte sich herausgefordert, alle damals möglichen Mittel auszureizen, um sie möglichst naturalistisch wirken zu lassen.
Das Vogelgeschrei und sämtliche andere Geräusche sind durchkomponiert, Musik fehlt ganz. […]

Nachdem der Autor der Kritik die Kernthematik des Films und einige filmische Höhepunkte kommentiert hat, leitet er die Betrachtung der Nebenhandlungen und Charakterbildung ein:
Diese spektakulären Momente lenken leicht von den anderen Geschichten ab, die in dem Film stecken:

Während dieser Betrachtung zeigt der Autor fundiertes Wissen zu Hitchcocks Gesamtwerk und verarbeitet diese unter anderem wie folgt:
Interessant ist auch die Vorgeschichte von Mitch, seine kurze Beziehung zu der Lehrerin Annie Hayworth, die später sterben muss. Die Beziehung endete wegen Lydias kühler Behandlung von Annie. Hier entwirft Hitchcock eine weitere dominante Mutterfigur wie zuvor in „Psycho“ und anderen Filmen.
Es folgt eine spezifische Wertung in Betrachtung des Genres:
[…] „Die Vögel“ ist somit mehr als nur ein Horrorfilm oder Katastrophenfilm, und dadurch spannender und zeitloser als die reißerischen Fließbandproduktionen mit Ameisen, Killerbienen oder Mörderspinnen, die folgen sollten.
Um die Wirkung dieses Vergleichs zu verstärken, werden andere Filme zum Vergleich herangezogen:
Faszinierend ist die Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein der Menschen – ganz ähnlich wie Cary Grant in seiner Rolle in „Der unsichtbare Dritte“ („North By Northwest“) auf dem freien Feld nicht vor dem angreifenden Flugzeug fliehen kann.
Im Anschluss folgen Hintergründe zur Entstehung der Filmidee und ein Überblick über den zum Film gehörigen Trailer und abschließendes Lob an den Regisseur (in Bezug auf die Handlung des Trailers):
Doch natürlich macht es uns der Meister nicht zu einfach und liefert keine komplette Interpretation.
Diese Art des wertenden Schlusssatzes ist typisch für den Kommentar und beinhaltet in der Regel gleichzeitig ein Fazit, welches sich in dieser Kritik allerdings primär auf den Trailer und den Inszenator bezieht.
Anmerkung: Gekürzte Version des Originaltextes der angegebenen Seite, Rechtschreibung nicht an neue Reform angepasst.

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