
Um Handlungsverläufe nachvollziehbar zu gestalten, sind Informationen zu beteiligten Personen notwendig. Je nachdem, wie diese Informationen in den Text fließen, unterscheidet man zwischen auktorialer, figuraler und expliziter oder impliziter Charakterisierung.
Auktoriale Charakterisierung
Werden Informationen zu Personen durch den Autor selbst, zum Beispiel vom Erzähler oder als Nebentext gegeben, spricht man von einer auktorialen Charakterisierung.
Figurale Charakterisierung
Ist es die Figur selbst, die sich oder andere Figuren beschreibt, spricht man von figuraler Charakterisierung. Bereits bei Einführung der einzelnen Personen können in einem Eingangsmonolog oder -dialog genannt oder herausgearbeitet werden. Oft aber erschließt sich erst über die Zeit ein genaues Bild der Figuren.
Explizite und implizite Charakterisierung
Hier wird unterschieden, ob
- Informationen direkt ausgesprochen werden (explizite Charakterisierung).
oder - Informationen zum Charakter über sprachliche Mittel und andere Begebenheiten erschlossen werden müssen, also nicht explizit genannt werden (implizite Charakterisierung).
In der Regel werden Charakterisierungen entsprechend der dramaturgischen Gestaltung in Mischformen vorgenommen, sodass beispielsweise offene, draufgängerische Charaktere eher dazu neigen, sich selbst vorzustellen und zurückhaltende Figuren dazu neigen, sich eher ruhig zu verhalten und von anderen vorgestellt zu werden.
Nur durch eine solche Kombination ist eine vielschichtige Darstellung der unterschiedlichen Figurenperspektiven überhaupt möglich.
Spiegelung
Wird der Charakter einer Figur von anderen Figuren gespiegelt, gelingt eine Darstellung der gebotenen Komplexität einer Situation meist am besten. Die Charakterzeichnung wirkt durch die Erarbeitung innerhalb entscheidungsreicher Szenen deutlich intensiver als einfaches gesprochenes Wort der Figur selbst oder anderen Figuren, die der Beschreibung dienen sollen.
Dramen spielen gerne mit einer zentralen Auseinandersetzung, weshalb der Hang einer Figur, sich im Zweifelsfall für das Richtige zu entscheiden von großer Wichtigkeit sein kann. Meist sind für eine Analyse der Figur die Hintergründe deutlich aussagekräftiger als das, was sich im Vordergrund abspielen mag.
Folgende Fragen sollten gestellt werden, um zuverlässig Besonderheiten einer literarischen Figur auszuarbeiten:
- Inwiefern hebt sich die Figur von den anderen Figuren des eigenen Dramas oder anderer Dramen ab?
- Kann die Figur mit Personen der Realität verglichen werden und wenn ja, mit wem oder welcher Art von Mensch?
- Gibt es Kontraste zwischen einzelnen Figuren? Lassen sie sich miteinander vergleichen?
- Falls es Figuren mit ähnlichem Charakter oder Interessen gibt, wo liegen die Unterschiede der zu untersuchenden Personen zu diesen anderen?
Herausarbeitung der Charakterisierung
Folgende Darstellungsform bietet sich für die Charakteranalyse dramatischer Werke an:
A. Einleitung
Hier werden knapp die wichtigsten Informationen zum Stück genannt. Auf jeden Fall genannt werden sollten der Autor des Werks, der Titel und Angaben zur Textart (zum Beispiel die Einordnung des Werkes). Es folgt eine kurze Inhaltszusammenfassung, in der auch die Rolle der betrachteten Figur herausgestellt wird.
B. Hauptteil
Im Hauptteil werden neben der Beantwortung der Themenfrage die Merkmale der Figur herausgearbeitet und festgehalten.
2.1 Äußere Gestalt (bei Theaterstücken zu großen Teilen den Regieanweisungen zu entnehmen)
2.1.1 Geschlecht und Alter
2.1.2 Körperbau
2.1.3 Gewand
2.2 Beziehungen (zu anderen Figuren, soziale Stellung, usw.)
2.3 Verfassung der Figur (körperlich, psychisch)
2.4 Verhaltens- und Handlungsweisen
2.4.1 Fähigkeiten (zum Beispiel sprachliche Begabung)
2.4.2 Verhaltensweisen in Bezug auf Gestik und Mimik (häufige Bewegungsformen usw., oft der Regieanweisung oder Anmerkungen anderer Figuren zu entnehmen)
C. Schluss
Eine abschließende Wertung zu den Eigenschaften der Figur mit Fokus auf dem Charakter.