
Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein!
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mutger Augen lichter Schein;
Und das Wirren bunt und bunter
Wird ein magisch wilder Fluß,
In die schöne Welt hinunter
Lockt dich dieses Stromes Gruß.
Und ich mag mich nicht bewahren!
Weit von euch treibt mich der Wind,
Auf dem Strome will ich fahren,
Von dem Glanze selig blind!
Tausend Stimmen lockend schlagen,
Hoch Aurora flammend weht,
Fahre zu! Ich mag nicht fragen,
Wo die Fahrt zu Ende geht!
Was ist eine Gedichtanalyse?
In der Gedichtanalyse untersuchen Sie Inhalt, Struktur und Sprachgestaltung eines Gedichts im Detail. Die typischen Merkmale eines Gedichts, die Sie ansprechen werden, beziehen sich auf Art, Reim, Strophen und Stilmittel des Gedichts. An die eigentliche Analyse schließt sich in der Regel eine Interpretation des Gedichts an. Darin beschreiben Sie nicht nur die sprachliche Anomalie des Gedichts, sondern Sie fügen auch eine Erklärung hinzu.
„Joseph Eichendorf und sein Gedicht „Frische Fahrt“
Joseph von Eichendorf schrieb das Gedicht frische Fahrt im Jahr 1915 im Alter von siebenundzwanzig Jahren. Die Verbundenheit zwischen Mensch und Natur, welche ein zentrales Thema der Romantik darstellt, wird in diesem Gedicht, einem vierhebigen Trochäus aufgegriffen. Eichendorf versucht die Lust aufs Reisen im Leser zu wecken. Dabei stellt er die Vorfreude auf den Frühling und die verbundenen Gedanken des lyrischen Ichs dar. In der ersten Strophe wird eine Szenerie des Frühlingsbeginn beschrieben, in der das lyrische Ich von außendrauf schaut.
Es befindet sich in einem von Eichendorf bewusst gewählten Abstand. So will dem Leser unterschwellig der Eindruck einer träumerischen Fantasie entstehen. Erst in der zweiten Strophe wird das Ich in die Szenerie hineingerissen. Erst dadurch schildert das Ich seine Gedanken klarer. Das Gedicht mit dem Schema „abab cdcd“ wurde im Kreuzreim geschrieben. Es hat zwei Strophen mit je acht Versen. Dabei bedient sich das Gedicht einer volkstümlichen Einfachheit welche Klang und Bild in sich verschränkt. Trotz des animierenden Flusses des Frühlingserwachens und des los Reisens besitzt das lyrische Ich eine geordnete Denkweise.
Worin liegen typische Merkmale der Romantik?
Auch die Verbindung von Mensch und Natur wird in Eichendorfs Portraitierung dargestellt. Durch den Wechsel von männlichen und weiblichen Kadenzen wird eine gewisse Vielseitigkeit erzeugt, die man zu der des Flusses gleichsetzen kann. Durch die Verwendung des vierhebigen Trochäus entsteht ein natürlicher, lebendiger und melodischer Lesefluss durch das gesamte Gedicht hinweg, was es dem Leser ermöglicht, dem lyrischen Ich zu folgen. Das der Frühlingsbeginn eine währende Beständigkeit besitzt, wird durch das verwendete Präsenz gezeigt. Dem Leser fällt die im Gedicht erzeugte Euphorie auf. Um die Schönheit des Frühlings herauszustellen, vermittelt das lyrische Ich bildlich die Natur. Freiheit sowie neue Lebenswege werden durch den Fluss dargestellt. Für Bewegung und Entwicklung steht dabei das Element Wasser. In der Romantik typisch, wird durch die Mischung der unterschiedlichen Sinneseindrücke ein Gefühl der Gesamtheit vermittelt.
Der sehnliche Wunsch nach Frühling und Neubeginn wird durch das Mittel der Wiederholung hervorgehoben. Der Anfang etwas Neuem wird durch eine zu dieser Zeit gewohnte Frühlingsaktivität, „Waldwärts Hörnerklang“ (vgl. Vers 3.), die Jagd dargestellt. Durch den sprachlichen Rhythmusklang, welcher durch die Hörner erzeugt wird, wird durch die örtliche Bezeichnung „Waldwärts“ deutlich, dass sich die Jagd in der vom Romantiker geliebten Natur, dem Wald abspielt. Der Blick in den Körper des Menschen, welcher im romantischen Sinne das Herz beherbergt, dienen die im folgenden Vers erwähnten „Augen“ (vgl, Vers 4.)
Um den Wechsel vom zuschauenden zum handelnden Ich einzuleiten, beginnt das lyrische Ich von echten Eindrücken der Natur in Fantasien überzugehen (vgl. Vers 4-8).
Durch die Einleitung „Und“ (vgl. Vers 5) gibt Eichendorf seiner angedeuteten Beobachtungen ein surreales Gegenüber. Untermalt wird dieser Wechsel durch seine Verse anhand der Verbildlichung der Umwelt (vgl. Vers 5-8). Fans der Romantik lässt das Dunkle der Nacht oder die Wildheit der Natur, die Herzen höherschlagen.
Natur und die seelische Verfassung des lyrischen Ichs existieren meist im Einklang. Im Falle dieses Gedichts wird die Sehnsucht nach der unbekannten Ferne durch den Fluss hervorgebracht (vgl. Vers 6). Da der Fluss als „magisch“ beschrieben wird, kann daran die Flucht aus der Realität erkannt werden (vgl. Vers 6). Die Worte „Wirren“ und „bunt und bunter“, helfen das Gedicht zeitlich einzuordnen und passen genau zur Romantik (vgl. Vers 5). Gerade die sprachliche Methode der Steigerung stellt eine Veränderung zum Positiven dar. Dieses Phänomen kann als Gegensatz zur damaligen Zeit gesehen werden, da Deutschland sich inmitten des ersten Weltkrieges befand. Die politischen Veränderungen und die daraus resultierenden Unruhen im Volk wurden keinesfalls als „bunt“ angesehen. Dadurch erst flieht das lyrische Ich in eine Art Fantasiewelt in der „Wirren“ etwas positives, eher wie „schwirren“ zu sehen ist. Das soll nicht bedeuten, dass lyrische Ich wäre, naiv. Da der Romantiker die Welt als ein Ganzes sieht, nimmt er die Geschehnisse wie sie sind. In den folgenden Versen wird dies ebenfalls gezeigt. Für Romantiker steht der Wunsch nach dem Unbekannten in einer mystischen Welt im Vordergrund. Diese beinhaltet das Träumerische und nicht Erklärbare.
Gerade unerklärliche und wundervolle Geschichten galten in der Romantik als besonders reizvoll, weshalb auch die wilde und unbarmherzige Natur als populär bezeichnet wird. Aus dem „magisch wilden Fluss“ geht nicht nur Unsicherheit, sondern auch Faszination der gefährlichen Natur hervor (vgl. Vers 6). Durch die Formulierung „schöne Welt hinunter“ drückt sich eine gewisse Überfreude aus (vgl. Vers 7).
Für das lyrische Ich findet ein Ortswechsel in den tieferen Ort statt, in welchen das Ich förmlich gelockt wird. Es lässt sich vermuten, dass das lyrische Ich dieser Verlockung machtlos gegenübersteht. Die Euphorie ist für die Romantik ein typisches und viel verwendetes Mittel. Es werden auf der anderen Seite auch die Trauer und Dunkelheit des Lebens betrachtet (vgl. Vers 7). Es ist der Frühling der das lyrische Ich geradezu zu verlocken scheint (vgl. Vers 8). Durch das Wort „ich“ wird die Einheit zwischen Mensch und Natur angesprochen (vgl. Vers 9).
Es kommt dem Leser gerade so vor, als ob sich das lyrische Ich mit der Handlung verbinden möchte, um Teil des Flusses sein zu können. Es ist zu bemerken, dass das lyrische Ich ganz und gar in die Natur eintaucht, da es sich vom Wind mitreißen lässt (vgl. Vers 1,10). Dabei soll gesagt sein, dass das lyrische Ich auch jemanden auf Grund der angetretenen Reise zurücklässt. Dabei ist von einem „euch“ und von „weit“ die Rede. daher könnte man annehmen, dass das ich zwischen Heimat und Reise hin- und hergerissen ist. Durch die Formulierung zeigt sich auch die Hin- und Hergerissenheit des lyrischen Ichs, zwischen positiven und negativen Gedanken vorhanden ist (vgl. Vers 10). ebenso wie der „wilde Fluss“ beschreibt der „Wind“ das Bild der Ferne und Sehnsucht (vgl. Vers 6,10). Das lyrische Ich ist auf einer stetigen Reise, die durch die wilde Natur verbunden stets im Wandel ist. In den folgenden Versen zeigt das lyrische Ich welche Blendung in der Welt stattfindet (vgl. Vers 12). Der Einfluss der Natur auf den Menschen und die Sonne im Frühling sind gleichermaßen gemeint. Durch die Doppelung des Wortes „locken“ wird eine unbekannte, interessante und zugleich dunkle Natur beschrieben (vgl. Vers 8,13). An den Worten „Tausend Stimmen“ die auf das lyrische Ich einzureden scheinen, ist zu erkennen, dass mehrere Gestalten vom Ich wahrzunehmen sind (vgl. Vers 13).
Der römischen Göttin der Morgenröte, Aurora ist das lyrische Ich sehr nah, da sie Strahlen und den Frühling bringt. Erst durch Aurora kann der Aufbruch und Neuanfang beginnen. Auch zwischen „Aurora“ und dem „Wind“ gibt es eine Verbindung, was durch „Hoch Aurora flammend weht“ bezeichnet wird (vgl. Vers 14). Durch die Äußerung „Fahre zu!“ wird gezeigt, dass es ein Zeil der Reise gibt, welches allerdings noch verborgen bleibt (vgl. Vers 15). Durch die Worte „wild“, „magisch“ und „schön“ wird ei weiteres Mal auf die Verbindung zur Natur eingegangen, welche das lyrische Ich sehr genießt (vgl. Vers 6,7). Die Schönheit und Sanftheit des Frühlingserwachens werden von vielen Metaphern und Alliterationen beherrscht, welche als das Gedicht bezeichnende Mittel gelten vgl. Vers 1,2,8,14). Das ist in der Überschrift ebenso zu erkennen. Durch die Alliteration „Frische Fahrt“ wird auf Lebenslust und Neubeginn aufmerksam gemacht. So soll die „Frische Fahrt“ ein Erholungs- und Rückzugsort für jeden sein.