
Diaphora oder auch Diapher genannt, ist ein rhetorisches Stilmittel, das in allen literarischen Gattungen verwendet werden kann. Hierbei wird ein Wort oder eine Wortfolge wiederholt, wobei die zwei Wörter oder Wortfolgen eine unterschiedliche Bedeutung haben (Homonyme).
Das wiederholte Wort kann dabei anders empfunden werden oder gemeint sein als bei der ersten Nennung. In der mündlichen Anwendung ist es auch möglich, orthografisch unterschiedliche jedoch gleichklingende Wörter (Homophone) zu nutzen.
Ursprung des Stilmittels
Diaphora (διαφορά) ist griechisch und bedeutet Unterschied oder Verschiedenheit. Dies verweist auf den Kerngedanken des Stilmittels, also auf die unterschiedliche Bedeutung von zwei gleichklingenden Wörtern.
Beispiel und Erklärung
- ) Er saß auf einer Bank vor der Bank.
Im obigen Beispiel wird das orthografisch identische Wort Bank zwei Mal benutzt, wobei es jedes Mal eine andere Bedeutung hat:
Er saß auf einer Sitzbank vor dem Geldinstitut.
Das wiederholte Wort kann zum Beispiel aber auch zuerst als Substantiv und dann als Verb genutzt werden wie zum Beispiel bei folgendem bekannten Wortspiel:
- ) Wenn hinter Fliegen Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach.
Hierbei wird das wiederholte Wort zwei Mal als Verb und vier Mal als Substantiv genutzt, wobei es als Verb eine andere Bedeutung hat, als es als Substantiv hat. Das Verb beschreibt die Bewegung durch die Luft, während das Substantiv das Insekt meint.
Beide Beispiele verdeutlichen also, dass bei der Diaphora zwei orthografisch identische Wörter genutzt werden, die jeweils eine andere Bedeutung haben.
- ) Du musst das Mehl sieben Mal sieben.
Bei dieser Diaphora ist zuerst die Zahl 7 gemeint und danach das Verb sieben, also etwas durch ein Sieb zu schütten.
- ) »Was willst du hier«, sagte sie, »du hast mich hier belauschen wollen, nicht wahr, du Simpel?«
»Es ist nicht wahr, es ist nicht wahr«, rief er […]
Das obige Beispiel stammt vom Roman „Die Kronenwächter“ des deutschen Autors Achim von Arnim. Hierbei wird Wortgruppe nicht wahr verwendet, die identisch klingt und geschrieben wird, allerdings jeweils eine andere Bedeutung hat.
Beim ersten Mal wird die Wortgruppe als Bekräftigung der Frage genutzt, während das nicht beim zweiten Mal das Adjektiv wahr negiert also verneint.
Homonyme und Diaphora
Ein Homonym ist ein Wort, das mehrere Bedeutungen besitzt. In schriftlichen Äußerungen kann eine Diaphora mit Homographen gebildet werden, währen bei verbalen Sätzen auch Homophone genutzt werden. Als Homographe werden Homonyme bezeichnet, die vollkommen gleich geschrieben werden, also identisch sind. So steht das Wort Schloss beispielsweise sowohl für das Türschloss als auch das Bauwerk.
Homophone und Diaphora
Bei der Diaphora werden unterschiedliche Bedeutungen von identischen Wörtern oder Wortgruppen genutzt. Bei verbalen Äußerungen können jedoch auch Homophone genutzt werden, um eine Diaphora zu bilden. Als Homophone werden Wörter bezeichnet, die zwar unterschiedlich geschrieben werden und auch eine andere Bedeutung haben, jedoch gleich klingen.
Beispielsweise klingen die zwei Wörter Beeren und Bären gleich, obwohl sie unterschiedlich geschrieben werden und auch eine andere Bedeutung haben. Als Diaphora kann dies wie bei folgendem Beispiel, einem Schlager von Theo Lingen, genutzt werden:
Der Theodor, der Held, der hält!
Da die obige Diaphora durch Homophone gebildet wird, kann sie auch nur in verbalen Äußerungen genutzt werden. Hierbei wird der Gleichklang der Wörter Wirt und wird genutzt, um in der gesprochenen Sprache eine Diaphora zu bilden. Ebenso verhält es sich mit folgendem Beispiel:
Wer nichts wird, wird Wirt.
Diaphora als Anaklasis und Antistasis
Mit den Stilmittel Anaklasis und Antistasis werden zwei Sonderformen der Diaphora beschrieben. Um sie detailliert zu beschreiben, werden im Folgenden zwei der bereits erwähnten Beispiele genutzt.
Als Anaklasis wird eine Diaphora beschrieben, die während eines Dialogs, also zwischen zwei oder mehreren Gesprächspartnern, entsteht. Dabei wird das Wort also erst einmal von einem der Gesprächspartner genutzt und anschließend von dem anderen wiederholt, wobei es nun aber eine andere Bedeutung hat. Dies wird zum Beispiel in Achim Arnims Buch in der folgenden Diaphora verdeutlicht:
»Was willst du hier«, sagte sie, »du hast mich hier belauschen wollen, nicht wahr, du Simpel? «
»Es ist nicht wahr, es ist nicht wahr«, rief er […]
Der erste Satz stammt von einer Wirtin und ist an Anton gerichtet. Beim zweiten Satz antwortet Anton und nutzt dabei die gleiche Wortfolge, nun allerdings mit einer anderen Bedeutung. Da die Diaphora im Dialog vollzogen wurde, handelt es sich hierbei um eine Anaklasis.
Bei der Antistasis hingegen wird die Diaphora im Monolog gebildet. Ein einzelner Sprecher nutzt also ein Wort und gibt ihm auch selbst unterschiedliche Bedeutungen. Alle anderen bereits erwähnten Beispiele gelten also als Antistasis, da sie im Monolog gebildet wurden.
Das Wichtigste zur Diaphora im Überblick
- Wiederholung von einem Wort oder einer Wortfolge, wobei sich die Bedeutung ändert
- Bei einer schriftlichen Äußerung werden Homonyme zur Bildung einer Diaphora verwendet
- Bei einer verbalen Äußerung kann die Diaphora auch mit Homophonen gebildet werden
- Als Anaklasis wird eine Diaphora bezeichnet, die im Dialog stattfindet
- Als Antistasis wird eine Diaphora bezeichnet, die im Monolog stattfindet
- Zur Verdeutlichung wird der weite Teil oft stärker betont (bei einer verbalen Äußerung)
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