
Mit dem Begriff „Epiphrase“ bezeichnet man in rhetorisches Stilmittel innerhalb der Literatur, das sich in sämtlichen Varianten der Gattung wieder findet. Mit diesem Begriff beschreibt man eine Stilfigur bei der einzelne Wörter oder auch längere Wortfolgen nachgeschoben werden. Ein syntaktisch und grammatikalisch vollständiger Satz wird um einen Nachtrag ergänzt. Verwandt ist die Figur der Epiphrase mit anderen Stilmitteln wie der Ellipse, der Parenthese sowie dem Hyperbaton.
Wortursprung
Das Wort Epiphrase stammt aus dem Griechischen ἐπιφράζω (epiphraso). Übersetzen kann man das Wort etwa mit zusätzlich anmerken. Erste Erwähnungen dieses Stilmittels finden sich in der Spätantike (etwa 300-600 nach Christus). Der antike Autor Phoibammon gehört beispielsweise zu den ersten, die dieses Phänomen beschreiben
Dazu ein erstes Beispiel:
„Mein Retter seid Ihr und mein Engel.“
Der Satz „Mein Retter seid ihr“ wäre für sich allein betrachtet sowohl in syntaktischer Hinsicht als auch in grammatikalischer durchaus korrekt und vollständig. ergänzt wird er durch die Wortfolge „und mein Engel“, die aus Konjunktion, Demonstrativbegleiter sowie Subjekt besteht. Der Satz ist für den Leser oder auch den Zuhörer bereits vollständig, die Epiphrase besteht in dem durch und eingeleiteten Zusatz.
Zweites Beispiel:
„Ich liebe dich – nicht.“
An Hand dieses Beispiels wird die Funktion der Epiphrase noch einmal deutlich. Der Satz „ich liebe dich.“ scheint abgeschlossen. Er besteht aus Subjekt, Prädikat und einem Akkusativobjekt und bildet eine korrekte syntaktische sowie grammatikalische Einheit. Jeder kann diesen Satz ohne Probleme verstehen. Dann erfolgt ein Nachtrag, eingeleitet durch den Bindestrich, der die Aussage aufgreift und korrigiert. Die Epiphrase besteht hier aus nur einem einzigen Wort: nicht.
Damit wird auch schon die Wirkung einer Epiphrase deutlich: Sie wirkt auf inhaltlicher Ebene. Das heißt sie verstärkt den semantischen Gehalt einer Aussage und lenkt den Fokus des Lesers oder Hörers ganz auf den Nachtrag.
„Da kommt er, der unglückliche Mensch.“
Ein letztes Beispiel für das Stilmittel der Epiphrase. „Da kommt er“ bildet einen vollständigen Satz. Ergänzt wird er um die Aussage „der unglückliche Mensch.“
Zusammenfassung: Wirkung, Funktion der Epiphrase
Bei dem rhetorischen Stilmittel der Epiphrase wird ein syntaktisch und grammatikalisch vollständiger und korrekter Satz um einen Nachtrag erweitert. Dieser Nachtrag kann aus nur einem Wort bestehen („Ich liebe dich – nicht.“) oder aus einer ganzen Wortgruppe („Mein Retter seid Ihr und mein Engel.“.
Am Ende der Epiphrase steht stets ein Punkt. Sie beendet den Satz somit endgültig. Dies unterscheidet sie von anderen Einschüben wie etwa der Paranthese, bei der mitten im Satz ein Einschub vorgenommen wird, der durch Kommata, Bindestriche oder auch Klammern vom Rest des Satzes abgetrennt wird.
Wirkung: Durch den Gebraucch einer Epiphrase kann sich der semantische Inhalt einer Aussage verändern. Die Bedeutung des Satzes präzisiert werden, sie kann sich aber auch bis ins Gegenteil ändern. Dadurch ist ihr ein gewisses Moment der Überraschung eigen. Durch den Gebrauch der Epiphrase lenkt der Autor oder Sprecher den Fokus des Lesers oder Hörers auf das Nachgestellte.
Dadurch, dass die Epiphrase den Inhalt einer Aussage aber auch ins Gegenteil kehren kann, kann dies zu Verwirrung beim Adressaten führen. Der Empfänger wird dadurch zum bewusst aktiven Zuhören, Lesen angeregt. Er muss mitdenken. Die volle Wirkung entfaltet sich daher beim gesprochenen Wort, da im Geschriebenen ein Satz immer wieder gelesen werden kann.
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