
Üblicherweise wird an den weiterführenden Schulen der Themenbereich ‚Textanalyse‚ behandelt. Dies geschieht im Deutsch- und/oder im Fremdsprachenunterricht. Dennoch wird die eingehende Auseinandersetzung mit einer Literaturquelle oft als sehr komplex empfunden:
Die Lernenden kommen mit unterschiedlichen Begriffen wie Analyse, Interpretation, These und Hypothese in Berührung, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Da sich diese Worte leicht miteinander verwechseln lassen, ist eine genaue Begriffserklärung von Vorteil. In den folgenden Rubriken soll erklärt werden, was eine Interpretationshypothese in einer Analyse eigentlich ist. Abschließend werden Tipps für eine gelungene Aufstellung gegeben.
Begriffserklärungen:
Bevor der Zweck einer Interpretationshypothese im Rahmen einer Analyse erläutert wird, ist zunächst die Klärung der einzelnen Fachbegriffe sinnvoll. Auf der Definition bauen schließlich die weiteren Unterpunkte auf.
Analyse:
Die Bezeichnung ‚Analyse‘ hat ihre Wurzeln im Griechischen und lässt sich mit ‚Auflösung‘ übersetzen. Tatsächlich wird ein Text während einer Analyse ‚aufgelöst‘, also in seinen einzelnen Bestandteilen genau betrachtet. Persönliche Meinungen werden hingegen nicht mit einbezogen. In der Regel dienen textbezogene Fragestellungen als Hilfsmittel. Darunter können sich folgende Beispiele befinden:
- Welche Textgattung liegt vor?
- In welcher Epoche wurde das Werk verfasst?
- Hat ein bestimmtes Erlebnis, eine besondere Begebenheit etc. den Autor beim Schreiben inspiriert?
- Um welches Thema geht es genau?
- Wie ist der Text aufgebaut?
- Gibt es grammatische Besonderheiten und falls ja, welche?
- Hat der Autor spezielle Metaphern verwendet?
Am Ende findet eine abschließende Auswertung statt. Darin werden die Ergebnisse nochmal in Kurzform zusammengefasst.
Interpretation:
Anders als die Analyse wird die Interpretation (siehe lat. ‚interpretatio‘ – ‚Auslegung‘) von persönlichen Meinungen, Standpunkten und Wertvorstellungen geprägt. Hier geht es darum, wie der Interpret eine Textquelle versteht und ihren Inhalt auffasst. Festgelegte Fragen gibt es bei Interpretationen oft nicht. Mögliche Ansatzpunkte sind folgende:
- Welche Stimmung wird im Werk deutlich?
- Wie habe ich die Aussage des Textes verstanden?
- Kann ich mich mit dem Inhalt identifizieren?
- Bei Gedichtinterpretationen: Erkenne ich mich selbst im lyrischen Ich wieder?
-> Falls ja, warum und inwiefern? Falls nein, warum nicht? - Was sagen die verwendeten Metaphern aus? Unterstreichen sie die Grundstimmung des Textes?
- Wie passen die Ergebnisse von Analyse und Interpretation zusammen?
Unterstützend kann die Frage ‚Hat eine bestimmte Begebenheit etc. den Autor zum Verfassen des Textes animiert?‘ für die Interpretation hinzugezogen werden. Sie bietet zusätzliche Hintergrundinformationen. Ähnlich wie bei Analysen findet auch hier wieder eine Zusammenfassung am Schluss statt. Vielfach erfolgt an dieser Stelle ein Ausblick auf themenverwandte Bereiche: Zum Beispiel wird die Frage aufgebracht, inwieweit eine historische Textquelle für die moderne Zeit relevant sein kann.
Hypothese:
Im Gegensatz zu einer These steht eine Hypothese stellvertretend für noch nicht bewiesene Annahmen. Sie ist somit sehr spekulativ. Im Übrigen ist das Wort ‚Hypothese‘ griechisch-lateinischen Ursprungs und bedeutet etwa ‚Vermutung‘. Wenn eine hypothetische Annahme sich immer wieder bestätigt, kann daraus eine verlässliche These hervorgehen. Ist dies nicht der Fall, wird die Hypothese verworfen und als ungültig deklariert.
Was ist also eine Interpretationshypothese in einer Analyse?
Bei der Textarbeit lässt sich eine Quelle sowohl analysieren als auch interpretieren. Aufgrund ihrer Subjektivität kann eine Interpretation genutzt werden, um eine Hypothese aufzustellen. Deshalb ist das Synonym ‚Deutungshypothese‘ verbreitet.
Tipps für die Aufstellung:
Damit die Textanalyse samt Interpretationshypothese gelingt, folgen an dieser Stelle hilfreiche Hinweise.
- Zuerst wird immer die Analyse angefertigt, dann erst die Interpretationshypothese. Um eine Quelle interpretieren zu können, muss zuvor ihr Aufbau bekannt sein.
- Die oben aufgeführten Fragen dienen als zusätzliche Hilfe für die Textarbeit.
- Bei Zitaten bitte immer Anführungszeichen setzen und entsprechende Verweise mit angeben. Bei Gedichtanalysen/-interpretationen sieht der Textverweis oft folgendermaßen aus: “….‘ Seite 5, Zeile 7′.
- Vor allem bei der Interpretationshypothese müssen subjektive Standpunkte als solche erkennbar sein. Es ist darauf zu achten, dass sie nicht mit allgemeingültigen Thesen verwechselt werden könnten.
- Kurze, prägnante Sätze mit Aussagekraft sind angemessen.
- Lange Sätze wenn möglich bitte vermeiden.
- Im Schlusswort wird der Wahrheitsgehalt der Hypothesen(n) nochmals erläutert.