Was ist ein Kettenreim? – Funktion, Beispiel, Wirkung

Was ist ein Kettenreim - Funktion, Beispiel, Wirkung
Was ist ein Kettenreim - Funktion, Beispiel, Wirkung

Ein Kettenreim ist ein spezielles Reimschema in der Lyrik, bei dem sich die Reime über mehrere Strophen hinweg verbinden. Typischerweise folgt ein Kettenreim dem Muster aba bcb cdc, was bedeutet, dass der mittlere Vers einer Strophe den ersten und dritten Vers der nächsten Strophe reimt. Diese Struktur wird auch als Terzinenreim bezeichnet.

Was ist ein Kettenreim?

Ein Kettenreim besteht aus mehreren Strophen, in denen jeweils drei Verse miteinander verbunden sind. Das Reimschema ist so aufgebaut, dass der mittlere Vers einer Strophe den Reim für den ersten und dritten Vers der folgenden Strophe vorgibt. Das Schema aba bcb cdc sorgt für eine fortlaufende Reimverbindung, die sich durch das gesamte Gedicht zieht. Der Begriff „Terzinenreim“ leitet sich vom italienischen Wort „terzo“ für „dritter“ ab, da die Struktur aus Dreizeilern besteht.

Funktion des Kettenreims

Rhythmische Struktur

Der Kettenreim beeinflusst den Rhythmus eines Gedichts maßgeblich. Durch die kontinuierliche Reimverbindung entsteht ein fließender und harmonischer Klang. Dies verleiht dem Gedicht eine besondere musikalische Qualität und unterstützt den natürlichen Lesefluss.

Gedächtnisstütze

Reimende Verse lassen sich oft besser merken als reimlose. Der Kettenreim hilft daher, den Text im Gedächtnis zu behalten. Dies ist besonders nützlich für mündlich überlieferte Gedichte oder für Gedichte, die auswendig gelernt werden sollen.

Wirkung des Kettenreims

Sinnzusammenhang

Durch die Reimbindungen schafft der Kettenreim einen inneren Zusammenhang der Verse. Jeder mittlere Vers verknüpft die Strophen miteinander und fördert so eine kohärente Struktur. Dies kann dazu beitragen, die Bedeutung des Gedichts klarer und zusammenhängender zu gestalten.

Beispielanalyse

Ein klassisches Beispiel für einen Kettenreim findet sich in Goethes Gedicht „Bei Betrachtung von Schillers Schädel“:

a Im ernsten Beinhaus war’s, wo ich beschaute,

b Wie Schädel Schädeln angeordnet paßten;

a Die alte Zeit gedacht ich, die ergraute.

b Sie stehn in Reih geklemmt, die sonst sich haßten,

c Und derbe Knochen, die sich tödlich schlugen,

b Sie liegen kreuzweis, zahm allhier zu rasten.

Hier sieht man deutlich das Schema aba bcb, das die Strophen miteinander verbindet und einen durchgängigen Rhythmus schafft.

Was ist ein Kettenreim
Was ist ein Kettenreim

Unterschied zu anderen Reimschemata

Andere gängige Reimschemata sind Paarreim (aabb), Kreuzreim (abab) und umarmender Reim (abba). Im Vergleich dazu zeichnet sich der Kettenreim durch seine kontinuierliche Verbindung der Strophen aus. Während bei Paar- und Kreuzreim die Reime innerhalb einer Strophe verbleiben, übergreifen sie beim Kettenreim in die nächste Strophe und schaffen so eine fortlaufende Einheit.

Anwendung in der Literatur

Historisch gesehen wurde der Kettenreim häufig in der italienischen Renaissance verwendet, besonders in Dantes „Göttlicher Komödie“. Auch in der deutschen Literatur findet man ihn, beispielsweise bei Goethe und Schiller. In der modernen Lyrik wird der Kettenreim weniger häufig verwendet, bleibt aber ein faszinierendes Beispiel für die kreative Nutzung von Reimschemata.

Zusammenfassung

Der Kettenreim ist ein kunstvolles Reimschema, das durch seine durchgehende Reimverbindung besticht. Er schafft eine harmonische und kohärente Struktur im Gedicht und erleichtert das Memorieren von Versen. Bekannte Beispiele aus der Literatur zeigen die Vielseitigkeit und den ästhetischen Reiz dieses Schemas.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein