Rollenbiografie schreiben: Aufbau, Gliederung & Beispiel

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Grundlagen rund um die Rollenbiografie?

Die Rollenbiografie stammt aus dem Deutsch- und Theaterunterricht. Es ist eine bestimmte Art, eine nicht reale Figur, beispielsweise aus einem Stück zu erarbeiten. Mit erarbeiten ist gemeint, dass der Charakter der Figur kennengelernt wird und man herausfindet, ob diese Figur Eigenarten oder Besonderheiten aufweist. Wenn man sich auf diese Weise mit einer Figur in einem Theaterstück oder aus einem Buch beschäftigt, kann man die Entscheidungen, welche die Figur im Buch oder Stück fällt besser verstehen.

Es wird so vorgegangen, dass alle Details der zu untersuchenden Rolle aus dem Werk herausgesucht werden. Dabei versucht man wirklich alles herauszustellen, was über die Rolle verraten wird. Egal, ob es die Vergangenheit, die Zukunft oder Aktuelles betrifft. Dabei kann es eine große Hilfe sein erst einen Steckbrief, eine Charakterisierung und oder eine Personenbeschreibung zu erstellen. Darin finden sich dann wichtige Informationen, die man für die Erstellung der Rollenbiografie benutzen kann.

Bei diesem Vorgehen ist es wichtig zu beachten, dass es einen wichtigen Unterschied gibt. Eine Charakterisierung oder eine Personenbeschreibung sind Texte, die eine Person über eine andere verfasst. Nehmen wir an, die zu beschreibende Rolle hat einen Hund, dann heißt es hier: „Sie hat einen Hund.“. Bei der Rollenbiografie soll man in die Rolle schlüpfen und sich vorstellen sich selber zu beschreiben. Daher würde der Satz hier wie folgt heißen: „Ich habe einen Hund.“. Wir werden also zu der Figur und erzählen etwas über uns.

Der Leitfaden durch die Rollenbiografie

Da es Punkte gibt, die bei jeder Rollenbiografie wichtig sind und auf die immer eingegangen werden sollte, ist eine Richtschnur sehr hilfreich. Wenn man dieser Richtschnur folgt, kann man nichts Wesentliches vergessen.

Als erstes kommen allgemeine Informationen der zu bearbeitenden Figur. Hier beantwortet man folgende Fragen:

  • Wie heißt die Rolle? Vorname, Nachname, gibt es Zweitnamen oder Titel
  • Welches Geschlecht hat die Rolle? Mann, Frau, etwas außergewöhnlicheres
  • Wie alt ist die Rolle?
  • Wo wurde die Figur geboren und wo wohnt sie jetzt? Eine wichtige Frage, den es gibt unterschiedliche Mentalitäten. Jemand der beispielsweise die ersten 15 Jahre seines Lebens in China gewohnt hat und nun in Paris, wird sich anders verhalten, als jemand der erst 15 Jahre in New York gelebt hat, ehe er nach Paris kam.
  • Welche Nationalität hat die Figur?
  • Hat die Figur einen Beruf erlernt? Wenn ja, welchen?

Jetzt wissen wir schon einiges über die Rolle. Nun kommen wir zu den Äußerlichkeiten, die ebenfalls viel verraten können.

  • das Erscheinungsbild, wie die Statur, Größe, Gewicht, Farbe der Haare und Augen, Länge der Haare und so weiter
  • Kleidung, wie was zieht die Figur gerne an oder welche Marken mag sie
  • gibt es besondere Erkennungszeichen bei der Figur, wie Narben, Muttermale, Tätowierungen oder ähnliche
  • andere Auffälligkeiten, wie Behinderungen, körperliche Leiden, Prothesen,…

Nun wissen wir bereits viel über die Person. Wir kennen die persönlichen Daten, ihre Aussehen und körperliche Besonderheiten. Jetzt wird es richtig interessant. Was macht die Person aus? Was sind ihre Ansichten, Überzeugungen oder Einstellungen:

  • moralische Werte, was hält die Rolle für richtig, was für falsch?
  • wie intelligent ist die Figur? Hier werden der Bildungsgrad, die Abschlüsse, allgemeines und besonders Wissen ein Thema
  • Wie sieht die Rolle das eigene Leben?
  • Hat die Rolle Vorlieben oder Abneigungen?
  • Welche Befürchtungen hat die Rolle? Gibt es Ängste? Sorgt sie sich um etwas oder jemanden?
  • Welche Vorlieben hat die Figur, was mag sie nicht?
  • Gibt es etwas, dass der Figur sehr leicht oder besonders schwerfällt?

Jetzt geht es in die Feinheiten. Etwas, dass noch viel über eine Rolle verrät, ist ihre Sprache:

  • Wie spricht die Figur? Beispiele: schnell, langsam, leise, laut, hektisch, undeutlich
  • Wie drückt die Rolle sich aus? Beispiele: einfach, mit Fremdworten, zum Teil in Fremdsprachen, wie auf der Straße,…
  • gibt es Auffälligkeiten im Sprachverhalten, wie sie belehrt gerne, sie ist frech, sie ist zurückhaltend usw.

Hier ist es wichtig, dass alles passt oder nicht Passendes erklärt werden kann. Eigentlich sollte eine Figur, die gebildet ist, sich entsprechend ausdrücken. Oder anders herum, ist es wahrscheinlich, dass eine ungebildete Rolle sich nicht gewählt und mit vielen Fachwörtern ausdrückt.

Noch ein Punkt zum Abschluss des Auftretens der Person. Gibt es an der Rolle etwas Auffälliges, was bisher keine Beachtung gefunden hat? Dies könnte die Sprache betreffen. Die Rolle könnte stottern, einen Dialekt sprechen oder einen Akzent haben. Gibt es etwas Auffälliges im Bewegungsablauf oder der Mimik. Streicht sich die Rolle vielleicht oft durch das Haar oder kneift sie bei Konzentration der Mund zusammen. Gibt es einen Tick, wie alle Tassen müssen mit dem Henkel nach rechts im Schrank stehen? Kämpft die Rolle vielleicht mit einem psychischen Problem, wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen?

Welche Geschichte hat die Figur? Was gibt es Interessantes aus der Vergangenheit zu wissen. Hier kommen je nach Alter der Figur Punkte zu tragen, wie die Herkunft, die Eltern und Geschwister, die Ausbildung, ehemalige Freunde, Beziehungen zu Personen aus der Vergangenheit, erste Liebe, gab es besondere Erlebnisse, vielleicht sogar ein Trauma?

Nach der Vergangenheit kommt die Gegenwart. Hier ist die aktuelle Lebenssituation gemeint. Gibt es eine Beziehung oder eine Familie, wie läuft es im Beruf, wie sieht die finanzielle Lage aus und was sind die Hobbys?

Gibt es Informationen zur Zukunft? Hier gibt es Hoffnungen, bestehen Wünsche? Was sind die Träume, Pläne und Ziele der Rolle. Diese können in alle möglichen Richtungen gehen, wie Beruf, Familie oder finanzielle Aspekte.

Dann gibt es noch einen interessanten Bereich, die sozialen Beziehungen der Figur. Ist die Rolle in einer Gemeinschaft integriert? Das können unterschiedliche Gemeinschaften sein, wie Vereine, örtlich gesehen oder vielleicht auch religiös. Gibt es andere Figuren in dem Stück oder Buch, die der Figur nicht gut gesonnen sind? Oder ist die Figur überall beliebt? Wobei das eine das andere nicht ausschließt. Weißt die Figur Besonderheiten auf? Ist sie vielleicht politisch oder sozial aktiv?

Nicht traurig sein, wenn nicht alle Punkte dieser Richtschnur beantworten können. Es ist durchaus üblich, dass nicht alle Fragen in dem Buch oder Stück beantwortet werden. Der Autor stellt sich wahrscheinlich beim Schreiben die gleichen Fragen und nimmt nur das ins Buch oder Stück auf, was wichtig für eine runde Handlung erscheint. Die Richtschnur ist zudem eher als Denkanstoß gedacht und kann jederzeit ergänzt werden.

Wie geht man beim Schreiben der Rollenbiografie vor?

Alle wichtigen Fakten rund um die Figur haben wir durch die Richtschnur zusammengetragen. Jetzt gibt es beim Schreiben ein paar Regeln zu beachten.

Die Rollenbiografie ist ein Monolog. Dies bedeutet, es gibt keinen, der alles erzählt. Die Figur selber erzählt alles aus ihrer Sicht. Dabei wird auf beschreibende Adjektive und erzählerische Merkmale verzichtet. Trotzdem ist die Rollenbiografie gut ausformuliert und beschränkt sich nicht nur auf Stichworte. Der Text wird im Präsens, also der Gegenwart geschrieben. Dabei sollte die Rollenbiografie sich bei der Ausdrucksweise nach der Figur richten. Dies bedeutet, die Biographie ist so geschrieben, wie die Rolle sich im Buch oder Stück ausdrückt. Spricht die Figur also einfach, sollten sich in der Biografie nicht so viele Fremdwörter und komplizierte Ausdrucksweisen enthalten. Dies bezieht auch Besonderheiten mit ein. Verwendet die Figur beispielsweise gerne englische Begriffe, sollte sich das in der Rollenbiografie wiederfinden. Das gleiche gilt natürlich, wenn die Rolle gerne bestimmte rhetorische Stilmittel nutzt oder andere sprachliche Auffälligkeiten ihr eigen nennt.

Die Rollenbiografie muss nicht einem festen System folgen. Allerdings sollte es einen Sinn ergeben und nicht einfach nur die Punkte in Reihenfolge aufzählen. Ein guter Anhaltspunkt es, zu überlegen, wie man sich einer fremden Person vorstellen würde. Wahrscheinlich würde man mit einer Begrüßung anfangen und dann in eine Richtung weiter erzählen. Auch bezüglich der Länge gibt es keine Vorschriften. Die Länge bestimmt in gewisser Weise der Erzähler selbst. Da es eine Unterrichtsform ist, ist meist eine Länge vorgeschrieben, der Durchschnitt für den Deutschunterricht liegt bei einer halben bis zu einer ganzen Seite.

Ein Beispiel für den Anfang einer Rollenbiografie

Hier ist der Anfang der Rollenbiografie von Wilhelm Tell als Beispiel angeführt:
„Sei gegrüßt, Fremder! Mein Name ist Wilhelm. Ich bin Alpenjäger, wie auch mein Vater einst, de ich in diesen Beruf folgte. Ich bin ein einfacher, aber stets freier Mann und sorge für meine Familie und erbringe das Notwendigste mit meiner Hände Arbeit, Und auch wenn das Leben mich zeichnete und mitunter beschwerlich war, lege ich es in die Hände Gottes und vertraue darauf, dass es gut wird…“

Eine kurze Zusammenfassung:

  • Immer aus der Sicht Figur schreiben.
  • Es müssen nicht alle Fakten enthalten sein.
  • Eine Person, also die Rolle, die über sich spricht, kann übertreiben, Dinge anders sehen als sie passiert sind oder Geschehnisse verdrängen.
  • Die Rollenbeschreibung erzählt aus Sicht der Rolle und nicht aus unserer Sicht. Die beiden Ansichten können voneinander abweichen.
  • Der Text wird in der Gegenwart, dem Präsens geschrieben und wird ausformuliert, nicht nur Stichpunkte.

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