Märchen selber schreiben: Tipps, Aufbau & Gliederung

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Märchenhaftes Schreiben

Ein Märchen ist nicht einfach nur eine erfundene Geschichte, sondern hat stets einen ganz bestimmten Aufbau. Es gibt einige Elemente, die ein Märchen aufweisen muss, damit es überhaupt als Märchen gilt. Es gibt unzählig viele Märchen aus den verschiedensten Kulturen, die sich aber in ihrer Struktur und Konzeption ähneln.

  • Doch was genau macht nun eine Geschichte zu einem Märchen?
  • Welche Inhalte wollen Märchen transportieren?
  • An welche Leserschaft richten sich Märchen?
  • Warum sind Märchen seit Jahrhunderten so beliebt?

Jeder kennt die Gattung Märchen, aber solcherart Fragen sind gar nicht so einfach zu beantworten.

Mit dem Wort Märchen assoziiert man zuerst einmal – wohl automatisch – etwas Erfundenes, etwas, das nicht wahr ist und auch an keinem Ort der Welt wahr sein kann. Tatsächlich erzählt ein Märchen keine wahren Begebenheiten, die sich im realen Leben zutragen können, allerdings spielt die Textgattung mit einer tiefen Symbolik, die sehr wohl erfahrbare Realitäten transportiert. Natürlich wissen Leser und Leserinnen ab einem gewissen Alter, dass Hexen, Riesen und Feen nicht existieren, sondern Bestandteile des Märchenrepertoires sind. Aber die Erfahrungen, die Menschen in der Märchenwelt gemeinsam mit erdachten Gestalten oder sprechenden Tieren machen, sind durchaus im täglichen Leben anzutreffen.

Viele Märchen erzählen von nur allzu bekannten Gegensatzpaaren wie Gut und Böse, Reichtum und Armut oder Liebe und Hass. Die auftretenden Figuren geraten in Konflikte und haben mit Eifersucht, Falschheit, Ängsten oder unerfüllbaren Wünschen zu kämpfen. Märchen sind so gebaut, dass nahezu jeder Mensch sich in irgendeiner Art und Weise darin wiederfindet – was ein nicht unerheblicher Faktor für die Beliebtheit dieser Gattung ist.

Die Grundstruktur eines Märchens hat sich seit Jahrhunderten nicht verändert und ist nicht kompliziert. Um selbst ein Märchen zu verfassen reicht es, einige wenige Regeln zu befolgen.

„Es war einmal … “

… ist schon ein guter Anfang, denn so beginnen viele Märchen. Es ist natürlich keine Bedingung, diese Worte an den Textbeginn zu setzen, aber durch den typischen Anfang ergibt sich der Vorteil, dass die Geschichte sofort als Märchen erkennbar ist.

Aber wie geht es nun weiter? Ein zentraler Bestandteil sind natürlich die Figuren, also alle Charaktere, die im Laufe der Handlung eine Rolle spielen. In bekannten Märchen haben die Figuren oft recht außergewöhnliche Namen, die aber so gewählt sind, dass sich daraus gleich Informationen über Aussehen oder Eigenschaften der Betreffenden ableiten lassen. Gute Beispiele dafür sind Aschenputtel, Dornröschen, Rotkäppchen oder mit Adjektiven versehene Figuren wie der gestiefelte Kater oder das tapfere Schneiderlein.
Ein passender Name allein reicht allerdings noch nicht. Wie in jeder guten Geschichte müssen die Figuren auch etwas erleben und im Märchen machen sie dies meist, indem sie Abenteuer und Prüfungen bestehen. Die Abenteuer dürfen dabei ruhig gefährlich und die Prüfungen schwierig sein. Wichtig ist jedoch, dass die guten Charaktere am Ende belohnt werden und die schlechten bestraft.

Die Hauptperson

Meist hat ein Märchen eine zentrale Gestalt, um die sich die Geschichte dreht. Selbstverständlich gibt es auch Märchen, die mehr als einen Helden haben – eine Vielzahl an Hauptcharakteren gibt es jedoch nie. Dies hängt auch damit zusammen, dass Märchen meist eher kurz sind, weshalb es schwer möglich ist, mehrere Personen sinnvoll in die Handlung zu integrieren. Ob die Hauptfigur männlich oder weiblich ist, ist völlig unerheblich (und war es auch schon immer). Oft handeln Märchen von Personen, die am Anfang arm, aber gutherzig sind und am Ende zu Reichtum und Glück gelangen. Auf dem Weg zum glücklichen Ende hilft ihnen oft eine magische Gestalt, die sie für ihr ehrliches Leben belohnt, wohingegen die böse Gegenseite bestraft wird.

Schwierige Herausforderungen

Im Märchen haben die Figuren – die eingangs oft als sehr einfache, gewöhnliche Menschen ohne besondere Fähigkeiten geschildert werden – oft mit nahezu unlösbaren Aufgaben zu kämpfen. Dem nicht genug, treten im weiteren Verlauf der Handlung böse Hexen, allmächtige Feen oder bedrohliche Drachen auf, die sich den Charakteren in den Weg stellen, um ihnen das Leben noch zusätzlich zu erschweren. Gestalten, die der bösen Seite zuzuordnen sind, werden vom Helden jedoch besiegt – obwohl dies meist durchaus ungleiche Kämpfe sind. Häufig wird das Böse auch überlistet. Zusätzlich hat der Held in vielen Fällen mit Flüchen oder Verwünschungen zu kämpfen oder ist für die Rettung anderer Charaktere verantwortlich.

Bestehen in der Gefahr

Der Kampf Gut gegen Böse trägt oft ein Märchen – jedoch handelt es sich hierbei selten um einen klassischen Kampf, der etwa mit Waffen ausgetragen wird. Da der Held meist zwar Kampfgeist, aber nicht genug Kraft besitzt, um ein übermächtiges Ungeheuer zu besiegen, muss er sich etwas anderes einfallen lassen. Zum Glück sind Märchenhelden in der Regel klug, gewitzt und mutig, was ihnen dabei hilft, die Gegenseite trotz körperlicher Unterlegenheit zu besiegen. Außerdem haben sie die richtigen Freunde oder lernen genau zum richtigen Zeitpunkt eine gute Fee oder einen mächtigen Zauberer kennen, die helfend eingreifen.

Typische Märchengestalten mit guten Eigenschaften

Grundsätzlich sind der Phantasie bezüglich der im Märchen auftretenden Figuren keine Grenzen gesetzt. Die folgende Liste ist deshalb auch nur eine kleine Auswahl und zeigt einige typische Märchencharaktere:

  • Der gute, schöne, kluge Held / die gute, schöne, kluge Heldin
  • König und Königin / Prinz und Prinzessin
  • Eine Figur, die von einem Fluch befreit oder auf eine andere Art gerettet werden muss.
  • Tiere, die sprechen können oder Tiere, die verzaubert wurden und eigentlich Menschen sind.
  • Gute Feen, helfende Elfen oder andere zauberhafte Wesen, die dem Helden beistehen.

Typische Märchengestalten mit schlechten Eigenschaften

  • Böse Hexen oder böse Feen
  • Drachen oder monsterhafte Tiere
  • Stiefmütter oder Stiefschwestern
  • Riesen

Natürlich ist diese Einteilung recht oberflächlich und stimmt auch nicht immer. Der König muss nicht immer gut sein – er kann auch ein schlechter Herrscher sein, der sein Volk ausbeutet. Auch Riesen oder Zwerge sind in den Märchen sehr verschieden dargestellt.

Die besondere Sprache im Märchen

Die bereits erwähnten Gegensatzpaare fehlen wirklich in keinem Märchen und sollen klar erkennbar sein. Es gibt immer Personen, die sich richtig verhalten und Personen, die sich falsch verhalten. Um dies zu verdeutlichen, folgt auf ein gutes Beispiel meist gleich ein schlechtes. Oft stehen die Personen in engem Kontakt oder sind sogar Geschwister – nicht selten gibt es im Märchen eine gute Schwester und eine böse Schwester.

Richtige Namen, wie wir sie heute kennen, sind selten. Oft ist beispielsweise die Rede von einem Königspaar mit drei Töchtern, von denen die jüngste besonders schön ist – einen Namen erfährt man jedoch nie.

Die eben genannte Zahl Drei ist eine wichtige Zahl im Märchen, genauso wie Zwölf und Sieben. Es handelt sich dabei um so genannte magische Zahlen, die in der Märchentradition bevorzugt verwendet werden. Der Wolf und die sieben Geißlein, Schneewittchen und die sieben Zwerge oder Die sieben Raben sind nur einige der zahllosen Beispiele dafür. Doch nicht nur in Märchentiteln kommen diese besonderen Zahlen zum Ausdruck. Sieben und Zwölf symbolisieren das Vollkommene. Manchmal wird diese Ordnung gestört, indem zum Beispiel zur Zahl Zwölf etwas Dreizehntes hinzukommt. Zu sehen ist dies etwa im Märchen Dornröschen an der dreizehnten Fee, mit der das Unglück beginnt, als sie in den Kreis der zwölf Feen tritt.

Charakteristisch für ein Märchen sind auch Sprüche, Wünsche oder Flüche, die mehrmals wiederholt werden.

Ein gutes Ende

„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann Leben sie noch heute“ ist das bekannteste Märchenende. Aber auch wenn dieser Satz nicht verwendet wird, ist es wichtig, dass ein Märchen gut ausgeht. Ein trauriges Ende oder einen offenen Schluss gibt es in dieser Gattung nicht. Am Ende der Geschichte kann noch einmal verdeutlicht werden, dass das Gute über das Böse gesiegt hat. Beliebte Märchenausgänge sind Hochzeiten oder das Lösen von Flüchen und Verwünschungen.

Beispiele für Märchengestalten

Riesen

Wenn das Märchen in wilden Gegenden, Wäldern, Höhlen oder unwegsamen Gebirgslandschaften spielt, kommen häufig Riesen darin vor. Das offensichtlichste Merkmal an Riesen ist ihre enorme Größe – manchmal werden sie als so groß beschrieben, dass sie mit ihren Köpfen die Wolken berühren können. Der Auftritt eines Riesen verheißt meist nichts Gutes. Riesenhaften Gestalten werden die Eigenschaften gefährlich, unberechenbar und einfältig zugeordnet.

Oger

Oger weisen Ähnlichkeiten mit Riesen auf und haben ebenfalls eine stattliche Größe. Manchmal entpuppen sich Oger als Menschenfresser. Sie werden in der Regel als kräftig, dumm, aggressiv und hässlich beschrieben. Auf bildlichen Darstellungen halten Oger oft eine Keule in der Hand – ein Attribut, das aber gleichermaßen auch Riesen zugeschrieben werden kann.

Hünen

Hünen sollen zwar kleiner als Riesen sein, aber mit einer Körpergröße von 2,50 Meter überragen sie die meisten gewöhnlichen Menschen bei weitem. Ein Hüne ist im Märchen oft das Einzelkind einer verarmten Witwe. Hünen werden stets als sehr jung und außergewöhnlich schön beschrieben. Im Vergleich zu Riesen und Ogern sind Hünen klug, listenreich und mutig.

Dann gibt es noch:

  • Drachen
  • Zwerge oder Gnome
  • Wilde Leute
  • Hausgeister (wie zum Beispiel Wichtel)
  • Baumgeister
  • Dämonen
  • Einhörner
  • Elben oder Elfen
  • Erdmännchen
  • Feen
  • Hexen
  • Zauberer
  • Kobolde
  • Wassergeister (beispielsweise Nixen)
  • Trolle

Zusammenfassung der zentralen Merkmale eines Märchens:

Erzählweise

  • Charakteristischer Anfang („Es war einmal …“ )
  • Keine genauen Ortsangaben
  • Wiederholungen und magische Zahlen
  • Gutes Ende („Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“.)

Sprache

  • Erzählt wird im Präteritum
  • Verwendung von Vergleichen („Weiß wie Schnee, rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz“)
  • Vermeidung moderner Sprache

Personen

  • Gute und böse Gestalten stehen sich Gegenüber
  • Figuren verwandeln sich
  • Märchenhafte Charaktere wie Hexen oder Feen treten auf
  • Helden müssen schwierige Herausforderungen meistern

Handlung

  • Gegensätzliches trifft aufeinander
  • Letztendlich wird das Böse bestraft und das Gute belohnt
  • Es passieren wundersame Dinge, die in der Realität nicht vorkommen können (sprechende Tiere oder Dinge, Verwandlungen, … )
  • Prüfungen müssen bestanden werden, um ans Ziel zu kommen.

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