Metrum (Versmaß) bei Gedichten richtig & ganz einfach erkennen – so gehts

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Metrum & Versamaß bei Gedichten richtig & ganz einfach erkennen

Das Metrum, zu deutsch Versmaß genannt, wird in der Metrik (Verslehre) verwendet. Das Metrum beschreibt, wie einzelne Silben in einem Vers betont ausgesprochen werden oder unbetont bleiben. Das Versmaß bestimmt innerhalb des Gedichts den Rhythmus und die Struktur des Reims, maßgeblich ist die Metrik für die Stimmung und natürlich unsere Lesart.

Die Silbe ist demnach die kleinste Einheit im Wort und auch in der Metrik.

Eine Silbe beschreibt in einem Wort die Lautabfolge, die ein Mensch beim Sprechen mit einem Atemzug aussprechen kann und die damit eine Sprecheinheit bildet. Zieht man als Beispiel das aus mehreren Silben zusammengesetzte Wort Spiegelschrank heran und spricht es einmal deutlich aus, fällt auf, dass das Wort während des Sprechens aufgetrennt wird.

Erst sprechen wir Spie- dann -gel und im Anschluss daran Schrank.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass dieses Wort aus drei Silben gebildet ist.

Wer das Versmaß der Lyrik verstehen will, muss mit der kleinsten Einheit, der Silbe, beginnen, um Fehler, die im Nachhinein entstehen können, auszuschließen.

Das geschilderte Prinzip kann auf alle Wörter, in Wortschatz der Sprache, angewendet werden. Zum Beispiel wird das Wort Spiegel zwei Silben gebildet ebenso wie das Substantiv Radio.
Es gibt selbstverständlich Wörter, die aus mehrere Silben gebildet sind und solche die nur aus einer Silbe bestehen. Wir finden in dem Wort Nikolaus drei Silben und in Bank eine Silbe.
Am Nikolaus und auch am Gespenst stellen wir fest, dass Silben nicht in jedem Fall ganze Wörter sind.

Es sind hierbei die folgenden Einheiten Ni, ko, laus, ge und spenst. Feststellen lässt sich, dass in unserer Sprache nicht jede Silbe ein eigenständiges Wort ist. Silben bilden nämlich tatsächlich nur die kleinste Spracheinheit des Wortes, die beim Sprechen aufgetrennt wird.

Das Versmaß beschreibt also die Abfolge der Silben, die sich in einem Wort befinden. Hierbei geht es in der Hauptsache um die ganz genaue Abfolge der Silben und nicht um deren Anzahl. Das Versmaß lässt sich anhand der unbetonten und betonten Silben bestimmen.

Unbetonte und betonte Silben in der Metrik

Beim Bestimmen der Metrik ist nicht das Auftrennen von Wortsilben maßgeblich, sondern das Unterscheiden in betonte und unbetonte Silben. Das Problem ist oft darin begründet, dass Regeln für mehrsilbige Wörter aufgestellt wurden, jedoch keine wasserdichte Anleitung für die Prüfung aufgestellt wurden und wir uns bei der Analyse auf unser Sprachgefühl verlassen müssen.

Betonte Silben spricht man meist laut und sie werden dadurch gewissermaßen hervorgehoben. Deshalb ist eine betonte Silbe auch eine Hebung. Unbetone Silben sind das Gegenstück. Sie werden vom Sprecher nicht betont. Deshalb nennt man diese Silben auch Senkung. Schauen wir auf ein Beispielwort und versuchen, es in Silben aufzutrennen. Fangen wir also mit dem Wort Gespenst an. Es ist offensichtlich, dass es aus zwei Silben gebildet ist. Diese sind ge und spenst.

Wird das Wort laut und deutlich ausgesprochen, fällt auf, welche der Silben betont wird. Das bedeutet, dass diese Silbe ein wenig lauter – und auch deutlicher – ausgesprochen wird, als es die andere wird. Die Betonung liegt in dem Wort auf der 2. Silbe, auf der Silbe spenst. Ge bleibt unbetont.

Tipp: Manchmal bringt es einen weiter, einen Satz mit dem jeweiligen Wort zu bilden, damit wird die Betonung deutlicher. Tun wir das nicht, besteht nämlich die Gefahr, dass die erste Silbe eines Gedichts betont wird, auch dann, wenn diese Silbe in Wirklichkeit nicht betont wird.

Kennzeichnen Sie das Versmaß

Es ist sehr hilfreich, wenn die einzelnen Silben mit Farben gekennzeichnet werden, doch hat die Wissenschaft eine andere Markierung gewählt. Es werden Symbole benutzt:: y und x. Für die Hebung (betont) steht das 1. Symbol und das 2. Symbol steht für unbetonte Senkungen innerhalb des Wortes.

Betrachten wir nun das Wort Gespenst erneut, könnte die Hebung und auch die Senkung anders dargestellt werden. Anstatt die Hebung und auch die Senkung mit der Farbe Orange und mit Blau zu kennzeichnen, setzen wir nur die Zeichen.

Gespenst → unbetont -betont → Senkung – Hebung → xy

Tipp: Das Versmaß kann auch mithilfe des Akzents gekennzeichnet werden. Dabei setzt man einen kleinen Strich oberhalb der betonten Silbe und alle unbetonten Silben bleiben ungekennzeichnet. Wie hier in dem Wort „Gespénst“.

Es ist jedoch prinzipiell wichtig, die richtige Reihenfolge zu erkennen, das Versmaß heraufinden zu können und es ist ebenso wichtig, dass wir bei einer einheitlichen Kennzeichnung bleiben.

So bestimmt man das Versmaß

Das Gespenst wurde in seine Einzelsilben zerlegt und wir stellten fest, dass dieses Wort aus einer unbetonten und einer betonten Silbe besteht. Das Versmaß von Gespenst haben wir nun erkannt und bestimmen es nun, um ihn einem Versfuß zu zuordnen.
Die metrische Gliederung sind die Versfüße eines Verses. Nehmen wir nun an, ein Gedicht besteht allein aus einer Wiederholung des Wortes Gespenst und sieht wie folgt aus:

Gespenst! Gespenst?
Gespenst. Gespenst

Mithilfe der darin enthaltenen betonten und unbetonten Silben kann das Versmaß bestimmt werden. Das sieht dann in etwa so aus:

x y! X y?
X y. X y!

Es ist also die Abfolge einer unbetonten mit einer betonten Silbe. In der Literaturwissenschaft heißt eine unbetonte mit einer betonten Silbe Jambus. Weitere Beispiele für den Jambus sind neben dem Gespenst Wörter wie Verstand oder auch Besatz

Nun kann das Versmaß unseres kleinen Gedichtes genau angegeben werden. Es besteht aus der Wiederholung von 4 mal Jambus, also aus vier Jamben in der Form:

Jambus -Jambus?
Jambus – Jambus!

Allerdings wird diese Wiederholung des Jambus nicht mit dem Ausdruck „Vier Jamben“ beschrieben, sondern der Versfuß sollte als solcher erkannt werden (Jambus) und zusätzlich werden die Hebungen der einzelnen Zeilen angegeben.

Das bedeutet, dieses Gedicht hat eine jambische Struktur in den Versen und weist einen zweihebigen Jambus auf.

zweihebiger Jambus | x y, x y?
zweihebiger Jambus | x y, x y!

Würde das Gedicht wie folgt aussehen:

dreihebiger Jambus | x y, x y, x y
dreihebiger Jambus | x y, x y, x y

gibt man hier nicht die reine Anzahl an, sondern nur die Anzahl der Hebungen (‚x) im jeweiligen Vers. Jede Zeile besteht hier also aus je drei Jamben, die jeweils drei Hebungen besitzen. Die Zeilen bilden sich also aus einem dreihebigen Jambus.

Tipp: Beim Versmaß geben wir nicht die Anzahl der gefundenen Jamben an. Wir prüfen, welches Versmaß der zu analysierende Vers hat und zählen danach einzelne Hebungen. Sind es drei Jamben pro Vers, nennt man es einen dreihebigen Jambus.

Metrik und Versfüße

Außer dem Jambus gibt es auch noch weitere Konstellationen (Versfüße), die wir in einem Gedicht finden können. Deshalb zeige ich Ihnen hier einzelne Versfüße auf, sodass Sie das Versmaß sicher bestimmen können.

Jambus

Der Jambus wurde bereits ausführlich untersucht. Er bildet sich im Prinzip aus der unbetonten und der betonten Silbe und wird mit xy notiert. Schauen wir zum Beispiel auf die Strophe von Lenore von Gottfried August Bürger.

Zer spreng te Schloss und Rie gel.
Die Flü gel flo gen klirr end auf,
Und über Grä ber ging der Lauf.
Es blink ten Lei chen stei ne
Rund um im Mon den schei ne.
→ Jambus

Trochäus – Der umgekehrte Jambus

Der Trochäus ist im Prinzip der umgekehrte Jambus. Er beschreibt also, dass eine betonte auf eine unbetonte Silbe trifft. Ein einfaches aber treffendes Beispiel für das Versmaß Trochäus ist das Wort Jambus, dessen erste Silbe jam betont wird, während bus unbetont ist. (yx). Als oft genanntes Beispiel für einen Trochäus ist ein Vers aus Schillers bekanntem Gedicht: „An die Freude“.

„Freu de, schö ner Göt ter fun ken“
→ Trochäus

Versmaß – Daktylus

Daktylus ist ein Versmaß, das schwerer zu bestimmen ist. Der Daktylus besteht aus einer betonten und aus zwei unbetonten Silben. Das Schöne daran ist: Das Wort selbst Dak ty lus ist ein solcher, hört man genau hin. Dargestellt wird der Daktylus wie folgt: yxx
In der deutschen Sprache finden sich zahlreiche Wörter, die einen Daktylus in sich tragen, wie z. B. das Wort: Ach ter bahn, Füll hal ter, Au to mat.

In der Lyrik begegnen einem viele Beispiele, in denen sich Daktylen über mehrere Wörter hinaus verbreiten. Ein schönes Beispiel hierfür ist ein Vers aus An den Sturmwind von Rückert.

Mäch ti ger, der du die Wi pfel dir beugst,
Brau send von Kro ne zu Kro ne ent steigst,
Wand le, du Stür men der, wand le nur fort,
Reiß mir den stür men den Bu sen mit fort.

→ Daktylus

Anapäst – Dreisilbiger Versfuß

Das Versmaß des Anapäst ist die Umkehrung vom Daktylus. Hier bildet sich der Versfuß aus zwei unbetonten und einer betonten Silbe. Auch das Wort A na päst beschreibt sich selbst in gewissem Maße und wird wie folgt dargestellt: x x y

In der Alltagssprache finden sich zahlreiche Wörter, die eigenständig einen Anapäst bilden. Solhe sind zum Beispiel In du strie, Me lo die oder auch Te le fon.

Und es wal let und sie det und brau set und zischt,
Wie wenn Was ser und Feu er sich mengt.
(Schiller)

→ Anapäst

Die vier Grundmetren der deutschen Sprache sind: Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst und begegnen uns in den lyrischen Werken sehr häufig. In der Musik gibt es noch weitere Hebungen und Senkungen. Die Metrik im Versmaß kommt aber mit diesen Versfüßen aus.

Die vier Versfüße im Überblick

Neben der Anapäst gibt es noch drei weitere Versfüße, die im Folgenden aufgelistet werden.
Jambus:
Der Jambus besteht aus einer unbetonten und einer betonten Silbe, also x ,x.
Trochäus:
Im Grunde nichts anderes als eine Umkehrung des Jambus, also eine betonte und eine unbetonte Silbe, der Kennzeichnung entsprechend: ,x x
Daktylus:
Der Daktylus ist die Abfolge einer betonten Silbe, gefolgt von zwei unbetonten Silben. Die Kennzeichnung ist also ,x x x. Wer das Wort „Daktylus“ laut ausspricht, wird bemerken, dass der Daktylus selbst ein Daktylus ist – eine hervorragende Eselsbrücke.
Anapäst:
Wie bereits in unserem Beispiel gezeigt, besteht der Anapäst aus zwei unbetonten Silben und einer betonten Silbe, ist also eigentlich ein gedrehter Daktylus. Auch der Anapäst ist selbst ein Anapäst und wird deshalb in folgender Weise gekennzeichnet: x x ,x
Diese Versfüße sind die üblichen Metren der Lyrik, in der Musik allerdings kann es durchaus vorkommen, dass andere Hebungen und Senkungen eingesetzt werden.

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1 Kommentar

  1. Hi,
    Ihr habt da einen recht gravierenden Fehler beim Daktylus: Es heißt in eurem Text dass, ein Daktylus xyx (also unbetont – betont – unbetont) sei. Tatsächlich ist ein Daktylus aber yxx (bet.-unbet.-unbet.). Verbessert das doch bitte, damit sich daran nicht noch mehr Schüler*innen stören :)

    Ein schüler

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