Wie für den Deutschunterricht eine gute Redeanalyse geschrieben wird kann dem folgenden Leitfaden entnommen werden. Dazu ist ein Beispiel integriert und wertvolle Tipps, die beachtet werden sollten. Für die effektive Umsetzung ist die richtige Interpretation der Aussagen und die Beachtung der rhetorischen Mittel des Redners wichtig.
Zuerst wichtige Punkte für den Aufbau und das Schreiben der Redeanalyse
- Der Unterschied liegt bereits darin, ob eine Rede in Textform vorliegt oder ob ein Video/Film mit dem Redner in aktueller Redefunktion zu analysieren ist.
- Das Präsens mit dem Konjunktiv und die indirekte Rede gestalten den eigentlichen Analysetext.
- In der Vergangenheitsform sind die Einleitung und der Schlussteil zu schreiben.
- Alle Angaben sind korrekt zu zitieren oder mittels Zeilenangaben zu belegen.
- Eine subjektive Wertung darf nur im Schlussteil erfolgen.
- Alle übrigen Textpassagen einer Redeanalyse sind objektiv zu schreiben.
Der richtige Aufbau einer Redeanalyse
Grob gesagt teilt sich eine richtige Redeanalyse in die Einleitung, den Hauptteil und den Schluss auf.
I) Die Einleitung
- Diese beginnt mit der Nennung des Interpreten, der Zeit und Situation sowie dem Ort der Rede. Hinzu kommen das Thema und der Titel der Rede.
- Die Intention des Redners (weshalb die Rede gehalten wird) und an wen ist sie gerichtet (der Adressat).
- Angabe zu den Medien
- Um welche Redeart handelt es sich? (Fachvortrag, Pressekonferenz, private Rede usw.)
- Beschreibung des politisch/historischen Kontext bzw. der Rahmenbedingung der Rede
- Vorstellung des nächsten Abschnitts in 1-2 Sätzen.
II. Hauptteil
II.1 Inhaltsanalyse
- Gliederung des Textes in Sinnabschnitte mit Begründung der Einteilung.
- Im Konjunktiv ohne Sinnangabe und ohne Analyse eine kurze Inhaltsangabe zu jedem Sinnabschnitt verfassen.
II.2 Sprachanalyse
- Inklusive Zeilenangaben die sprachlichen Mittel mit ihrer Funktion bzw Wirkung nennen.
- Inklusive Zeilenangaben Nennung der rhetorischen Mittel inklusive der Wirkung auf das Publikum.
- Hypotaktische und parataktische Satzbauanalyse
- Ist der Redner objektiv oder subjektiv?
- Wird seitens des Redners versucht, die Adressaten zu überzeugen oder zu manipulieren?
- Werden häufig bestimmte Schlüsselwörter mit Signalwirkung angewendet?
- Ist die Sprache persönlich, distanziert, sachlich oder doch emotional?
- Die nonverbale Kommunikation und auch Körpersprache (wenn möglich) analysieren.
- Das Zusammenspiel zwischen Wort und Körpersprache (wenn möglich) analysieren.
II.3 Argumentationsanalyse
Die vom Redner benutzte Argumentationsstruktur ist hier und jetzt Hauptbestandteil. (These 1 – Argument 1 – These 2 – …)
- Herausarbeiten und Wiedergeben der Argumentationsstruktur. Dazu gehören die Thesen, Antithesen sowie die Begründungen (Argumentationen).
- Die zentrale Hauptthese ist ausdrücklich noch einmal wiederzugeben.
- Welche Arten von Argumenten werden verwendet? (Faktenargumente, Statistiken oder eher vernichtende Argumente?)
- Wie passt die Argumentationsart zur Objektivität/Subjektivität des Redners bzw. zu dessen Absicht? Soll der Adressat durch einen bestimmten Argumentationsverlauf manipuliert werden?
III. Schlussteil
- Es wird noch einmal in 1-2 Sätzen die hauptsächliche Intention der Rede inklusive der Art und Weise, wie diese erreicht werden soll, dargelegt.
- Erklären, worin die historische/politische Priorität/Wichtigkeit der Rede liegt.
- Konnte der Redner ein Ziel erreichen? Wieso, bzw. wieso nicht?
- Die eigene Meinung bzw. Einschätzung inklusive Begründung ist jetzt gefragt.
- Wie schwer war es, die Rede zu analysieren? Bitte Begründung angeben!
Redeanalyse schreiben – das Beispiel:
Die Analyse der Rede: „Aufruf zum totalen Krieg“ (Link öffnet sich im neuen Tab) von Josef Goebbels am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast
Anmerkung: Es ist zu beachten, dass diese Rede zu Propagandazwecken von den Nationalsozialisten geschrieben wurde und einen hoch manipulativen Charakter besitzt.
Als Adressat galt das gesamte Deutsche Volk aber auch die gesamte Weltöffentlichkeit. Das Verbreitungsmedium war der Rundfunk.
Im großen Sportpalast fand die Redesituation vor einem breiten Publikum statt. Dazu gehören insbesondere Kriegsveteranen sowie Frauen, Arbeiter aber auch Soldaten und Jugendliche.
Die Redesituation nimmt eine wichtige Position im geschichtlichen Kontext ein. Von 1939 bis 1945 entwickelte sich der zweite Weltkrieg seit der Niederlage der deutschen Armee in Stalingrad zu Beginn des Jahres 1943 vermehrt zum Vorteil der Alliierten und damit zum Nachteil des damaligen Deutschlands. Die Kriegsverluste waren hoch und die Wirtschaft marode.
Die zunehmende Motivation war erforderlich, weil es den Menschen analog zum Verlauf des Krieges zunehmend schlechter ging. Trotzdem sollte sich das Volk hinter das Regime stellen und duldsam weiterkämpfen bzw. die Kriegssituation ertragen.
Die erkennbare Intention der Rede
- Das deutsche Volk sollte trotz der miserablen Ausgangslage ermutigt werden, weiter zu kämpfen und das national-sozialistische Regime unterstützen. Auch der Glaube an einen (unrealistischen) Sieg sollte nicht aufgegeben werden.
- Demonstriert wurden nach außen die innere Stärke und ein geschlossenes Deutschland. Ganz besonders den Alliierten Feinden gegenüber.
Der Redner benutzt zur Erreichung seiner Absichten und zur Manipulation der Zuhörer unterschiedliche sprachliche aber auch rhetorische Redeformen.
- Die Abwertung von Verallgemeinerungen und der Aufbau von Feindbildern
Eine große Anzahl an Feindbildern wird aufgebaut:
Dazu gehören:
Das “Bolschewistische Regime” (Zeile 9), die “Bolschewistische Gefahr” (Zeile 14) in Bezug auf Russland, “unseren Feinden” (Zeile 31) in Bezug auf die Alliierten und von “den Engländern” (Zeile 32 ff.) - Damit im Zusammenhang steht die Aufwertung Deutschlands
Parallel zur Abwertung der Feinde wird das eigene Land und natürlich die eigene Bevölkerung maximal aufgewertet und positiv präsentiert/dargestellt.
Worte wie: „….das geschulte disziplinierte Volk“ (Zeile 1). - Nicht zu vergessen die Emotionen
Unsachlichkeit in Kombination mit maximaler Emotionalität ist kennzeichnend für die Rede Goebbels. Die Absicht der Manipulation ist eindeutig. Das gebrauchte Wort „Schicksalsfügungen“ (Zeile 37) verdeutlicht dies sehr gut. - Den Zuhörern wird der Aufbau einer unmittelbaren und vor allem starken äußeren Gefahr suggeriert.
Die Textpassage: (….Die Gefahr ist im Verzug. Es muss schnell und gründlich gehandelt werden, sonst ist es zu spät….“(Zeile 20) ist ein aussagestarkes Beispiel dafür. Weiteres radikales Handeln soll durch die „Gefahr“ legitimiert werden. “… . Billigt ihr, wenn nötig, die radikalsten Maßnahmen gegen…” (Zeile 53) - Drohungen bzw. Appelle
Indirekte Drohungen sind im gesamten Redetext verteilt. Zum Beispiel: „wenn nicht, dann….“ ! Auch Appelle wie: „….damit das Reich und in kurzer Folge ganz Europa dem Bolschewismus verfallen (Zeile 16).
Ein anderes Beispiel: Stimmt das? Ja oder Nein (Zeile 29)? - Die Herstellung eines „Wir-Gefühls“ (Einheitsgefühl)
Es ist ausschließlich die Rede vom „Deutschen Volk“ (Zeile 6f). Und natürlich von „Wir Deutschen“(Zeile 2).
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die gesamte Rede nahezu alle Instrumente der Manipulation nutzt. Dazu gehört nicht nur der sehr massive Aufbau von äußeren Gefahren und Feindbildern einerseits sondern auch die Aufwertung zusammen mit einem suggerierten Zusammengehörigkeitsgefühl andererseits. Die starke Wirkung auf das Publikum ist gewollt und unverkennbar.
Den Schwierigkeitsgrad der Rede halte ich persönlich für sehr hoch. Ein fundiertes geschichtliches Wissen über die Zeit des zweiten Weltkriegs ist erforderlich. Die Fähigkeit, zwischen den Zeilen lesen zu können, ist sehr stark gefordert.
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