Redeanalyse: Martin Luther King – I have a dream

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Martin Luther King - I have a dream

Es folgt die Analyse der Rede „I have a dream“ von Martin Luther King, die er am 28. August 1963 vor dem Lincoln Memorial in Washington D.C. hielt. Die fünfzehn-minütige Rede fand im Zuge einer Bürgerrechtsbewegung statt. Martin Luther King sprach hierbei die Unterdrückung und Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung an und die Notwendigkeit von Bürgerrechten und Freiheit für alle.

Bei der Rede handelte es sich um eine öffentliche Ansprache an die afroamerikanische Bevölkerung mit dem Ziel, ihnen Hoffnung und Mut zu geben. Sie richtete sich aber auch an Amerikas Regierung und Bevölkerung,um auf die Ungerechtigkeiten hinzuweisen und zu Veränderung aufzurufen. Die Rede Kings wurde weltweit im Fernsehen übertragen.

Hundert Jahre zuvor war durch den 13. Zusatz zur Verfassung die Sklaverei abgeschafft worden. Dies war jedoch keinesfalls der Beginn der Gleichbehandlung, sondern der Segregation, der Rassentrennung. In den 1950er und 1960er Jahren bekam die Menschenrechtsbewegung, mit Martin Luther King als wichtige Führungsperson und Sprecher, immer mehr Zusprache.

Dem friedlichen „Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit“, der schließlich mit Kings berühmter Rede seinen Höhepunkt fand, schlossen sich 250.000 schwarze und weiße Amerikaner an.

An was King in „I have a dream“ appellierte und wie es ihm gelang die Menschen durch Sprache und Rhetorik mitzureißen, soll im Folgenden veranschaulicht werden.

Hauptteil

Inhaltsanalyse

Die Rede lässt sich in folgende Abschnitte gliedern: „I am happy…a shameful condition.“ (Z.1 – 12), „In a sense…security of justice.“ (Z.13 – Z.25), „We have also…of justice emerges“ (Z.26 – Z.39), „But there is…cannot turn back.“ (Z.40 –
Z.53), „There are those…today, my friends.“ (Z.54 – Z.72), „And so even…the South with.“ (Z.73 – Z.95), „With this faith,…let freedom ring.“ (Z.96 – Z.115), „And when this…free at last.“ (Z.116 – 122). Jeder der Abschnitte grenzt sich von den anderen inhaltlich und oft durch sprachliche Auffälligkeiten ab.

Martin Luther King beginnt seine Rede mit einem Rückblick auf die Abschaffung der Sklaverei durch Abraham Lincoln. Obwohl er dies als einen großen Fortschritt anerkennt, weist King daraufhin, dass die afroamerikanische Bevölkerung immer noch nicht in Freiheit lebe, sondern in Armut und Diskriminierung.

Sprachanalyse

Martin Luther King arbeitet in seiner Rede mit zahlreichen sprachlichen und rhetorischen Mitteln. Gleich zu Beginn in Zeile 4 („This momentous decree came as a great beacon light of hope“) benutzt er den ersten von vielen Vergleichen. Dadurch betont King die enorme Bedeutung der Emanzipationsproklamation. Einige Zeilen später verbildlicht er sowohl metaphorisch als auch antithetisch das Leid der afroamerikanischen Bevölkerung, die inmitten von Wohlstand in Armut leben muss (vgl. Z.9f).

Ein weitere sprachliche Auffälligkeit ist die Benutzung der 1. Person Plural. Dies schafft ein Gemeinschaftsgefühl, nicht nur unter den Mitstreitern der Bürgerrechtsbewegung, sondern unter allen Bürgern Amerikas. In dem „wir“ vereinen sich, gerade zum Ende der Rede hin, Schwarze und Weiße zu einem Leben in Freiheit und Gerechtigkeit.

Einer der wichtigsten Gründe für die Eindringlichkeit der Rede ist die Repetition bestimmter Worte (Bsp. freedom“ Z.2, Z.24, Z.34, Z.42, Z.50, Z.66,…) oder aber ganzer Teilsätze (Anapher). Die bekannteste Anapher ist wohl „I have a dream. King verwendet sie leicht verändert zum ersten Mal in Zeile 73. Jeden seiner Sätze leitet er bis Zeile 91 mit diesen Worten ein. Es wirkt emotionaler und ergreifender.

Dies bleibt allerdings nicht die einzige Anapher. „With this faith“ (Z.96) wiederholt sich in Zeile 97 und 98. „Let the freedom ring“ (Z.104) wiederholt sich von Zeile 106 bis 115. „Now is the time“ (Z. 28) wiederholt sich in Zeile 30 und 31. Und auch „We can never be satisfied“ (Z. 55) leitet vier aufeinanderfolgende Sätze ein.

King benutzt diese prägnanten Worte immer dann, wenn er etwas besonders gewichtiges sagt, etwas, das ihm am Herzen liegt. Und es zeigt, zum Beispiel im Falle des „I have a dream“, dass seine Visionen nicht nur in einem Satz beschrieben werden können, sondern viele Facetten haben.

Der Aufbau der Rede weist sowohl parataktische als auch hypotaktische Struktur auf, wobei die Parataxen überwiegen. Besonders die Abschnitte, die durch die eben beschriebenen Anaphern eingeleitet werden, haben diesen Aufbau. Die Sätze sind dadurch weniger verschachtelt und für die Zuhörer einprägsamer und leichter zu verstehen.

Die Sprechgeschwindigkeit Kings ist zu Beginn der Rede eher langsam, er macht viele Pausen. Seine monotone und rhythmische Stimmt erinnert an eine Predigt. Oft sieht er auf seinen Skript.

Als King jedoch mit dem improvisierten Teil beginnt („Let us not wallow…“ Z.72) wird das Tempo schneller, sein Blick ist ins Publikum gerichtet. Die Rede wirkt emotionaler und persönlicher. Gerade in diesem letzten Teil gelingt es King die Menschen zu erreichen und ihnen Mut und Hoffnung zu geben.

Argumentationsanalyse

Martin Luther Kings wichtigste These ist nicht der Vorwurf an Amerika, der afroamerikanischen Bevölkerung die Rechte der Konstitution und der Unabhängigkeitserklärung verwehrt zu haben. Dies macht er durch „we refuse to believe…opportunity of this nation.“ (Z.22f) deutlich. Sein Blick richtet sich vielmehr auf das, was jetzt verändert werden kann und muss.

Seine Hauptthese ist der Traum von einem Land, in dem Menschen mit jeder Hautfarbe in Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit leben können. Schaut man sich die Argumente an, die Kings These stützen, so lässt sich erkennen, dass sich die Rede in drei Hauptargumente einteilen lässt: Die Vergangenheit (Z.1 – 12), die Gegenwart (Z.13 – 72) und die Zukunft (Z. 73 – 122).

King blickt zunächst zurück in die Vergangenheit und beginnt mit der These, dass die Emanzipationserklärung Abraham Lincolns ein „momentous degree“ (Z.4) sei. Es folgt das Argument: King sieht diese Erklärung als einen Lichtblick nach der Gefangenschaft und Ungerechtigkeit (vgl. Z.5f). Der nachfolgende Absatz (Z.7 – 12) allerdings mindert als Antithese den eben geschaffenen Fortschrittsgedanken.

Denn wie auch bereits vor hundert Jahren ist die afroamerikanische Bevölkerung immer noch nicht frei und findet sich in sozialer Abgeschiedenheit und Armut vor. King baut hier eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, auf die er im folgenden Abschnitt eingeht.

Hier ist die erste These, dass Afroamerikaner einen Scheck einlösen wollen (vgl. Z.13). Das Argument dafür erfolgt durch das Recht aus der Unabhängigkeitserklärung, das sich an weiße und dunkelhäutige Menschen richte (vgl. Z.16f) und das letzteren verwehrt wurde, was die Antithese darstellt. King arbeitet hier mit einem Faktenargument bzw. Autoritätsargument, denn ein verabschiedetes Recht ist nicht streitbar und jedem bekannt.

Eine weitere These befindet sich in Zeile 32. Zuvor betonte King die Unaufschiebbarkeit einer Veränderung und sagt nun, dass es „fatal“ sei diese weiter hinauszuschieben (Vgl. Z. 32). Denn die afroamerikanische Bevölkerung wolle nicht nur „Dampf ablassen“ (Z.35). King versucht dadurch außerdem die Zuhörer mit der Angst zu beeinflussen, dass sich Amerika ständigen Unruhen ausgesetzt sähe, solange nicht jeder Mensch dieselben Rechte genieße.

Nach der Aufforderung zu friedlichem Protest erfolgt die These, dass die Afroamerikaner niemals zufrieden sein werden (We can never be satisfied“ Z.55). Diese These wird vor jedem der Argumente, die die verschiedenen Ungerechtigkeiten gegenüber der dunkelhäutigen Bevölkerung aufzeigen, wiederholt. Auch am Ende dieses Absatzes greift King auf ein Autoritätsargument zurück, indem er in einer Allusion Worte aus der Bibel einfließen lässt, die die angestrebten Rechte legitimieren.

Nachdem King erneut zur 2. Person Plural wechselt und sich an die afroamerikanische Bevölkerung richtet, erfolgt der Ausblick auf die Zukunft (ab Z.73). In diesem dritten, improvisierten Abschnitt setzt das Impulsive und Mitreißende die strukturiert ausgearbeiteten Argumente außer Kraft. Man kann auch sagen, dass seine Träume die Argumente für die in der Gegenwart angestrebten Veränderungen sind.

Was die Zuhörer vor Ort und vor den Bildschirmen hier vernehmen, ist nicht die Vernunft, sondern die Leidenschaft Kings mit der er Hoffnung auf Veränderung hervorrufen will und was ihm so auch gelingt.

Der Schlussteil

Martin Luther King war am 28. August 1963 der letzte Redner nach dem Marsch auf Washington. Die Rede sollte weder so lang sein, noch von seinen Träumen und Visionen erzählen.

Doch das war letztendlich ausschlaggebend für Kings Ziel: den Afroamerikanern Mut für eine besserer Zukunft zu geben, in der alle Menschen miteinander in Freiheit und Gerechtigkeit leben können. Die Rede wurde weltweit positiv aufgenommen und war ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Abschaffung der Rassentrennung, zu der sie schließlich führte.

Kings Rede ist als Meisterwerk der Rhetorik bekannt. Sie ist eine der wichtigsten Reden in der Geschichte. Obwohl diese Tatsache einen gewissen Druck hervorruft, ist es ein Vergnügen mit dem Text zu arbeiten. Nicht zuletzt, weil man auch von dessen enormen Erfolg weiß.

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