Was ist eine Binnenhandlung & eine Rahmenhandlung? Aufklärung

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Was ist eine Binnenhandlung & eine Rahmenhandlung

Die Rahmenhandlung bzw. Rahmenerzählung, die insbesondere in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts weit verbreitet war, ist eine literarische Technik, die wie folgt definiert werden kann:

Rahmenhandlung

Die Rahmenhandlung bzw. die Rahmenerzählung ist eine Form des mehrschichtigen Erzählens. Die erste Textebene umgibt eine zweite Textebene oder ist dieser vorangestellt. Die erste Textebene (Rahmenerzählung) stellt meist eine mündliche Erzählsituation her, in der ein Erzähler, der nicht mit dem Rahmenerzähler identisch ist, eine Geschichte (Binnenerzählung) erzählt. Der Erzähler der Binnenhandlung erscheint also als eine Figur in der Rahmenhandlung.

Binnenhandlung

Als Binnenhandlung bzw. Binnenerzählung wird eine Handlung bzw. Erzählung bezeichnet, die von einer Rahmenhandlung bzw. Rahmenerzählung „eingerahmt“ wird und somit eine Handlung bzw. Erzählung innerhalb einer Handlung bzw. Erzählung ist. Somit handelt es sich um eine zweite Textebene, die von einer anderen epischen Handlung bzw. Erzählung umschlossen wird.

Giovanni Boccaccios „Decamerone“, das wahrscheinlich 1349–1353 verfasst wurde, ist ein bekanntes Beispiel für die literarische Technik einer Rahmenerzählung. Boccaccio konstruiert die Rahmenhandlung, in der sich mehrere Menschen vor der Pest, die 1348 in Florenz ausbricht, retten wollen und in einem abgelegenen Landhaus Schutz finden. Zum Zeitvertreib erzählen sich diese Figuren der Rahmenhandlung zehn Tage lang Geschichten, die Binnenerzählungen. Nach der Erzählung dieser Geschichten durch die Figuren der Rahmenhandlung, geht die Rahmenhandlung weiter und es wird erzählt, wie die Gruppe wieder nach Florenz zurückkehrt.

Rahmenerzählung mit mehrfachem Rahmen

In solchen Binnenhandlungen kann wiederum eine dritte Textebene hergestellt werden, sodass die ursprüngliche Binnenhandlung zur Rahmenhandlung wird und eine neue Binnenhandlung konstruiert wird. Der Ausbau dieser mehrschichtigen Erzählweise ist unbegrenzt. Ein Beispiel für eine Schachtelrahmenerzählung, die in bis zu sechs Erzählebenen gestuft ist, ist „Die Handschrift von Saragossa“, die 1797 bis 1815 verfasst wurde. Schachtelrahmenerzählungen sind in Erzählungen abendländischer Geschichte weit verbreitet.

Gründe und Funktionen des mehrschichtigen Erzählens

Oft möchte ein Autor durch eine Rahmenerzählung und die Einführung einer Erzählerfigur verhindern, dass er von dem Leser mit dem Erzähler verwechselt wird. Für Autoren ermöglicht diese Erzählweise auch, dass persönliche Ereignisse hinter der Maske eines Erzählers verarbeitet werden können.

Das Verfahren des mehrschichtigen Erzählens hat zudem meist zwei weitere Funktionen: Von einer konsekutiven oder kausalen Funktion spricht man, wenn die Geschehnisse der Binnenerzählung bestimmte Geschehnisse der Rahmenerzählung erklären. Stehen die Geschehnisse der Binnenerzählung allerdings in einem Kontrast- oder Ähnlichkeitsverhältnis zu denen der Rahmenerzählung, spricht man von einer korrelativen Funktion.

Die beiden unterschiedlichen Funktionsarten schließen sich nicht aus. Seit der Romantik ist es typisch, dass die Rahmenhandlung und die Binnenhandlung verknüpft sind und es sogar eine Interaktion der Figuren oder Ereignisse beider Handlungen gibt. Wird die Grenze zwischen der Rahmenerzählung und der Binnenerzählung durchbrochen, spricht man von einer narrativen Metalepse. Seit der Moderne kommt es sogar vor, dass sich die Rahmenerzählung und die Binnenerzählung wechselseitig enthalten. Dann spricht man von einer sogenannten mise en abyme. In diesem Fall ist der Ort der miteinander verknüpften und zusammenhängenden Erzählungen nicht mehr eindeutig zu identifizieren.

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