Oberstufe Deutsch: Was sind dramaturgische Mittel?

Was sind dramaturgische Mittel

Romane, Filme, Theaterstücke und Reden werden mit dramaturgischen Mitteln gestaltet. Diese Mittel sollen dem Verfasser helfen, die Aufmerksamkeit seiner Leser oder Zuseher zu gewinnen. Im Theater gibt es einen Dramaturgen, der auf die richtige Verwendung dramaturgischer Mittel achtet. Bei Film und Fernsehen werden Drehbuchautoren von Redakteuren und Produzenten betreut und gestalten gemeinsam Projekte nach dramaturgischen Vorgaben. Aber was sind eigentlich dramaturgische Mittel?

Rhetorik und Väter der Dramaturgie

Im weiteren Sinn nahmen die dramaturgischen Mittel ihren Ursprung in der Rhetorik. Diese war eine antike Disziplin und beschreibt die Redekunst. Dabei gibt es festgelegte Formen, Figuren und Mittel. So steht am Anfang einer Rede oft die „insinuatio“. Der Redner, zum Beispiel ein Anwalt, versucht dabei, das Gericht für seinen Mandanten und seinen Fall emotional einzunehmen.

Die Rhetorik verfolgt zwei Zwecke:

  1. das Publikum von einer Sache zu überzeugen
  2. und seine Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten.

Dazu überrascht ein Redner das Publikum, er macht bedeutsame Pausen oder setzt Höhepunkte in seiner Rede. Auch heute sind die meisten Politiker rhetorisch geschult und benutzen dramaturgische Mittel. Dabei geht es besonders um die Steuerung von Affekten. Das sind meist spontane emotionale Reaktionen des Publikums. Ebenso soll die Dramaturgie bei Theaterstücken, Filmen und Romanen Affekte hervorrufen. Nur wer seine Zuschauer emotional zu gewinnen vermag, kann sie begeistern oder überzeugen.

Antikes Drama

Im antiken Drama gab es strenge formale Regeln für die Ausgestaltung der Handlung. Die Idee zu einer Geschichte wurde mit festen dramaturgischen Mitteln geformt. Noch heute gilt Aristoteles als der Vater der Dramaturgie. In der „Poetik des Aristoteles“ sind alle wichtigen dramaturgischen Mittel zur Gestaltung eines Dramas beschrieben.

Dabei geht Aristoteles weit über handwerkliche Tricks oder Handlungsanweisungen hinaus. Er beschreibt in einem philosophischen Ansatz den Weg, wie eine Handlung gestaltet werden muss, um dramatische Wirkung zu entfalten. Dabei ist auch die Schönheit der Geschichte, also ihre Form, ein wichtiges Kriterium.

Dies zeigt wiederum die enge Verwandtschaft der Dramaturgie mit der Rhetorik. In der Redekunst ist die Reinheit, die „puritas“, und die Schönheit der Rede ein wichtiges Kriterium.

Neuzeitliche Dramaturgien

Aristoteles Mittel der Dramaturgie besitzen bis heute Gültigkeit. Oft beschreiben heutige „Dramaturgien“ den gleichen Sachverhalt mit anderen Worten. Im Unterschied zum weit gefassten philosophischen Ansatz von Aristoteles werden seit der Epoche des Realismus dramaturgische Mittel in Regelwerken, die praktische Anleitungen zum Gebrauch enthalten, angeboten.

Für das Theater beschrieb in Deutschland Gustav Freytag dramaturgische Regeln in seinem Buch „Technik des Dramas“. Kritisch wurde dieses Standardwerk als normative Poetik aufgefasst, das die künstlerische Freiheit beschränkt. Andererseits brachte es alle wichtigen dramaturgischen Mittel in verständlicher Form auf den Punkt. Es half Theaterautoren ganz besonders beim Strukturieren ihrer Stücke.

Viele seiner Regeln kommen in den zahlreichen Anleitungen für das Schreiben von Drehbüchern für Film und Fernsehen wieder vor. In der Gegenwart hat der amerikanische Dramaturg und Autor Syd Field mit „Screenplay“ den Klassiker unter den Dramaturgien geschrieben. Angehende Drehbuchautoren finden dort anhand von illustrierenden Beispielen die wichtigsten dramaturgischen Mittel und Techniken.

Typische dramaturgische Mittel

Die Technik der Dramaturgie ist insbesondere eine Kunst des Strukturierens. Der Autor muss den dramaturgischen Bogen finden. Das heißt, er muss seine Geschichte so erzählen, dass sie nicht langweilig klingt und vor allem so, dass sie vom Publikum als spannend empfunden wird. Dazu gehören zum Beispiel „Bangen und Hoffnung“.

Sowohl im Theaterstück oder in einer modernen Fernsehserie werden die Figuren viel über Ereignisse in der Zukunft sprechen oder ein Ziel, das sie erreichen müssen. Dann muss der Autor nur noch dafür sorgen, dass sich die Zuschauer mit dem Helden und seinem Ziel identifizieren.

Spannung erreicht man auch durch Vorwissen oder verzögerte Information. So kann es spannend sein, wenn das Publikum mehr weiß, als der Held. Man bangt dann zum Beispiel, ob er eine bestimmte Gefahr rechtzeitig erkennt. Manchmal werden wir auch neugierig auf eine Enthüllung gemacht, die erst am Ende kommt.

Die Ähnlichkeit zwischen antiken dramaturgischen Mitteln und moderner Erzähltechnik erkennen wir vor allem in der Peripetie. Das ist Umschlag von Glück in Unglück oder umgekehrt. Häufig wird auch der bereits von Aristoteles benutzte Wiedererkennungseffekt benutzt:

Wenn zwei Fremde schließlich ihre Verwandtschaft erkennen, ist das eine Wiedererkennung. Das bekannteste moderne dramaturgische Mittel ist der sogenannte „plot point“. Damit ist ein Wendepunkt gemeint. Ein Wendepunkt kann darin bestehen, dass eine Information die Handlung in eine neue Richtung lenkt.

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